Stift Hohenfurth/Vyššì Brod in Tschechien: Soeben wurde die Renovierung der Klosterkirche abgeschlossen, die Arbeiten für die Landesausstellung gehen voran, und seit Jahresbeginn ist das Rückgabegesetz in Kraft. Wer hätte bei der Wende 1989 geglaubt, dass das alles einmal möglich sein wird?
Man spürt die Freude, mit der Prior P. Justin Berka die Knöpfe drückt. Die Scheinwerfer gehen an und der gotische Kirchenraum erstrahlt in hellem Licht. Die Klosterkirche ist neu renoviert, das erste Mal seit 1927. Der monumentale Hochaltar zieht den Blick nach vorne. Das frühbarocke, über und über vergoldete Kunstwerk verleiht der Kirche ihren besonderen Glanz. Das Gotteshaus ist nun wieder das, was es sein soll: die Mitte und der schönste Raum des Klosters.
Einzug in Ruinen. Als die ersten Zisterziensermönche 1990 40 Jahre nach der Vertreibung durch die Kommunisten wieder nach Hohenfurth zurückkehren konnten, regnete es beim Dach herein, erzählt P. Justin: „Dass es heute wieder so aussieht“ – der Prior dreht sich mit der weit ausgestreckten rechten Hand um die eigene Achse –, „haben wir dem Verein der Freunde von Hohenfurth mit seinem Obmann Dr. Klaus Zerbs zu verdanken. Und Landeshauptmann Pühringer.“
Der hartnäckige Kommunismus in den Köpfen. Neben der finanziellen Not hatte die kleine Mönchsgemeinschaft schwer am kommunistischen Erbe zu tragen. In den Köpfen der Beamten hatte sich festgesetzt, dass alles, was mit Religion zusammenhängt, Privatsache ist und die öffentliche Hand nichts angeht. Das heißt: nichts an finanzieller Hilfe. Daran änderte auch die Wende vorläufig nichts. Dr. Zerbs und dem Landeshauptmann ist es Schritt für Schritt gelungen, öffentliche Stellen zum Umdenken zu bewegen, betont der Prior und ergänzt, dass bei manchen Ämtern der Umdenkprozess noch nicht abgeschlossen ist. Die Entscheidung für die grenzüberschreitende Landesausstellung 2013 brachte einen wirklichen Durchbruch. So hat der Kreis Südböhmen das Ausstellungsprojekt für das Stift vorfinanziert, bis die EU-Fördergelder eintreffen. „Heute sind auch das Kreisamt Budweis und manche Bürgermeister der Region überzeugt, dass ein renoviertes Kloster Hohenfurth für ganz Südböhmen gut ist“, sagt der Prior.
Landesausstellung 2013: Das Zawisch-Kreuz. Bis zur Eröffnung der oberösterreichisch-südböhmischen Landesausstellung am 26. April 2013 muss natürlich noch – wie in Freistadt, Bad Leonfelden und Krumau auch – mit Hochdruck gearbeitet werden. Aber die Besucher/innen können sich in Hohenfurth auf besondere Einblicke und einzigartige Kostbarkeiten freuen. Highlight wird die Präsentation des legendären „Zawisch-Kreuzes“ sein. Das juwelenbesetzte Reliquienkreuz gehört zu den wertvollsten Arbeiten der europäischen Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und ist seit 2010 ein Nationaldenkmal der Tschechischen Republik – im Besitz des Klosters. Das Zawisch-Kreuz wird bei der Landesausstellung erstmals öffentlich in Südböhmen gezeigt. Weiters werden bislang noch nie ausgestellte Tafelbilder der böhmischen Gotik aus der Galerie des Stiftes zu sehen sein. Und es werden die Geschichte des Zisterzienserordens sowie die nicht immer spannungsfreien Beziehungen von Hohenfurth zu Oberösterreich thematisiert.
Das Kloster erleben. Dem Prior ist aber nicht nur die Geschichte wichtig, er möchte, dass die Besucher/innen auch die Atmosphäre des Hauses spüren können. Neben dem Erleben von Klosterkirche, Kapitelsaal, Kreuzgang und „Pardiesgärtlein“ stehen spirituelle Vorträge am Programm. „Die Leute interessieren sich sehr für geistliche Themen“, betont der Prior. Selbstverständlich kann sich jeder Gast dem Chorgebet anschließen. „Ab 4.15 Uhr in der Früh steht die Kirche in der warmen Jahreszeit offen“, meint P. Justin schmunzelnd. Sonntagsgottesdienste sollen österreichische und tschechische Chöre mitgestalten. Rückgabegesetz gibt Hoffnung. Die Gerüste und die geschäftigen Handwerker, die man am ganzen Klosterareal sieht, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Stift Hohenfurth außer dem eher bescheidenen Fremdenverkehr keine eigene wirtschaftliche Basis hat. „Wir sind aber trotzdem seit über 20 Jahren hier“, meint der Prior. Er zählt das zu den Wundern, denen er auf Schritt und Tritt begegnet. Nun sollte aber ein weiteres Wunder die Existenz des Klosters absichern. „Nach den Jahren, in denen die politische Vernunft zur Seite geschoben wurde, ist mit 1. Jänner 2013 endlich ein Rückgabegesetz für das Kirchengut in Kraft getreten.“ Für Hohenfurth heißt das: Alles, was das Stift bis zum 25. Februar 1948 besessen hat, muss es zurückerstattet bekommen. Nun hört sich das einfacher und schöner an, als es ist. Denn jene Gebäude der Klosteranlage, die immer noch dem Staat gehören – mehr als die Hälfte –, erkennt man ganz einfach: Sie sind völlig desolat. Mit den Kunstschätzen ist es ebenfalls nicht problemlos: Der weltberühmte gotische Hohenfurther Altar befindet sich in der Prager Nationalgalerie. Er ist so wertvoll, dass das Kloster ihn nicht sicher genug aufbewahren kann. Die Mönche werden ihn vermutlich als Leihgabe in der Hauptstadt belassen müssen. Bäume wachsen nicht in den Himmel. Auch mit dem Forst wird es dauern. Von den 4000 Hektar Wald des Klosters befinden sich Hunderte Hektar unter Wasser im Moldaustausee und einiges ist gegen das Gesetz seit der Wende verkauft und privatisiert worden. Auch das ist von der Rückgabe ausgeschlossen. Prior P. Justin hofft auf 2000 Hektar Forst. Die sollen einmal das wirtschaftliche Standbein des Klosters bilden. Bis es wirklich so weit ist, wird noch viel Wasser die Moldau hinabfließen. Doch der Prior ist guten Mutes: „Wir hatten nie die Hoffnung ganz aufgegeben, dass die Gerechtigkeit siegen wird: Aber nach den zwei Jahrzehnten Hin und Her, scheint das Rückgabegesetz jetzt doch wie ein Wunder.“
Unsere Zeit braucht Gebet
Dass die sieben Mönche des Klosters Hohenfurth vor zwei Jahren zur traditionellen Gebetsordnung der Zisterzienser zurückgekehrt sind, ist für den Prior P. Justin Berka OCist keine Sentimentalität: „Wir spüren, dass unsere Zeit das Gebet braucht. Wir müssen mehr beten.“ Traditionelle Gebetsordnung heißt, dass die Mönche sieben Mal am Tag zum Stundengebet zusammenkommen und innerhalb einer Woche alle 150 Psalmen beten. (Das Weltpriester-Brevier sieht dafür vier Wochen vor.) Der Tagesablauf ist anspruchsvoll: Um 4.15 Uhr beginnt das Stundengebet mit den Vigilien, dann ist Zeit zur Meditation, anschließend um 6.15 Uhr Laudes und heilige Messe. Um 8.45 Uhr wird die Prim gebetet, um 12 Uhr Terz und Sext, nach dem Mittagessen um 14.20 Uhr die Non. Auf die geistliche Lesung, die um 16.45 Uhr beginnt, folgen um 17.30 Uhr die Vesper und um 19.15 Uhr die Komplet. Anschließend ist das „Große Schweigen“. Rund fünf Stunden täglich nehmen Chorgebet und Messe ein, dazu kommen noch Anbetung, geistliche Lesung und Rosenkranz. Vormittags nach der Prim und nachmittags nach der Non ist Arbeitszeit. Für P. Justin bedeutet diese Ordnung eine Rückkehr zu den Wurzeln.
Ausschließlich „tridentinische“ Messe. Seit der Ausweitung des Stundengebets von fünf- auf siebenmal pro Tag vor zwei Jahren wird im Kloster ausschließlich die tridentinische Messe gefeiert. „Diese Form der Messe bildet mit dem Stundengebet einen gemeinsamen Komplex“, argumentiert P. Justin. „Ich respektiere die erneuerte Liturgie des Zweiten Vatikanums, aber für das Kloster passt die andere Form besser. Sie ist meditativer.“ Die tridentinische Messe bezeichnet er für sich und seine Mitbrüder als Quelle der geistlichen Erneuerung.