Ausgabe: 2006/51, Post, Einkehr, Weiß, Rudi Weiß, Feiertage, Lukas, Advent, Heiliger Abend, Jesus, Geburt, Jesu Geburt, Stall, Hirten, Krippe,
21.12.2006 - Rudi Weiß
Ein Postkasten. Nicht unbedingt das weihnachtlichste aller Bilder. Und trotzdem regt es mich an, über dieses Fest nachzudenken.„Auch So- und Feiertagsleerung“ steht da groß vorne drauf. Was das bedeutet, ist klar. Gleichzeitig aber kommt mir die Kirche in den Sinn: Samstags-, Sonntags- und Feiertagsleerung …
Die Einkehr. Natürlich, „zu allen heiligen Zeiten“ gehen noch viele in die Kirche, aber sonst? Rückläufige Zahlen. Und wenn immer wieder zu hören ist, Spiritualität sei ein neu erwachendes Grundbedürfnis des modernen Menschen, dann fragt man sich, wo das wohl seinen Niederschlag findet. In der Kirche anscheinend nicht – hier finden nur wenige geeignete Puzzlesteine zum Basteln ihrer Privatreligion. Ein großes Unglück ist das Ganze, nicht umsonst zeigt unser Briefkasten auch noch die Zahl 13: der Glaube verdunstet, die Jugend verduftet, die Kirche verliert. Man könnte jetzt mühelos weiterklagen. Die ganze Seite lang. Über Menschen, die am Sonntag lieber ihre Geschäfte aufsperren wollen als in die Kirche zu gehen und über Unmenschen, die lieber shoppen als stoppen und eher beim Punschstand Einkehr halten als bei der Rorate.
Die Frage. Doch Projektionen solcher Art sind verführerisch. Und frag-würdig. Es sei hier und heute, am vierten Adventsonntag – und gleichzeitig Hl. Abend – daher die Frage erlaubt: Wie steht es mit mir? Welche Größe hat dieser Jesus und welches Gewicht? Ich frage Sie das nicht als Beichtvater oder um bei Ihnen ein schlechtes Gewissen hervorzurufen. Ich frage Sie das auch nicht, damit Sie sich auf die Schulter klopfen können, wenn Sie bewusst nicht Ihre Opfer dargebracht haben an den Altären der Konsumtempel – ich frage, weil sich die Frage lohnt. Wer ist jener, dessen Geburt heute in aller Welt gefeiert wird, der noch immer die Weltgeschichte teilt in ein Davor und ein Danach – wer ist er für mich ganz persönlich?
Die Ouvertüre. Der Evangelist Lukas stellt uns einige „Anhalts-Punkte“ zur Verfügung. Er schreibt, ja er komponiert seine Weihnachtserzählung als eine Art „Ouvertüre“ zu seinem Evangelium. Jesus wird in der Nacht geboren, denn die Hirten „hielten Nachtwache bei ihrer Herde“. Er kommt in die Dunkelheit der Menschen. Er, der Sohn Gottes, der Erhabene, ist sich nicht zu gut dafür, zu uns herunterzukommen. Gott lebt mit mit uns Menschen, im wahrsten Sinne des Wortes, er begibt sich auf eine Stufe mit uns und nichts Menschliches bleibt ihm fremd.
Die Nachricht. Und er kommt vor allem zu den Armen. Was sein weiteres Leben bestimmen wird, nämlich auf der Seite der Bedürftigen, der Kranken, der Aussätzigen und der Randgruppen zu stehen, das wird auch schon bei der Geburt sichtbar: Im First-class-Hotel ist kein Platz mehr, ein Stall wird zum Ort des Geschehens, kaum jemand nimmt Notiz davon außer einigen Hirten, denen der Engel zuspricht: „Fürchtet euch nicht“. Ein Wort für uns alle, eine Nachricht, die uns an allen Einkaufszentren vorbei direkt ins Zentrum von Weihnachten führt: Gott ist mit uns. Ob durch den brennenden Dornbusch am Berg Horeb oder durch die Krippe unter dem Christbaum – immer wieder neu dürfen wir als Kirche diese Wahrheit erleben, ob mit oder ohne Sonn- und Feiertagsleerung.
fragwürdig
wie groß und wie schwer – so fragen wir üblicherweise nach einer geburt
doch wen soll ich fragen angesichts dieses unüblichen wurfs der geschichte in einem judäischen stall
wen soll ich fragen wenn nicht mich selbst um die größe dieses jesus