Heilige. Märtyrerinnen und Märtyrer. Die Mystikerinnen. Mutig waren sie, sagt man. Aber: Müssen Christen mutig sein?
Ausgabe: 08/2017, Christen, Mut
21.02.2017 - Matthäus Fellinger
Nein. Um die Antwort vorwegzunehmen. Nein, Christen müssen nicht mutig sein. Aber sie können es. Man stelle sich vor, es gäbe nur mutige Leute. Eine ziemlich Katastrophe wäre es. Zum Mut gehört schon auch Qualität. Mutig, aber dumm, das wäre eine verhängnisvolle Kombination, vor allem dann, wenn man mit dem Mut die Waghalsigkeit meint – und mit seinem eigenen Mut Kopf und Kragen der anderen riskiert. Ohnehin ist es nicht so einfach mit dem Mut. Er kommt in ganz unterschiedlichen Gewändern daher und ist oft nicht leicht zu erkennen. Und: Manchmal wäre schon viel gewonnen, wenn man nur dem Unmut nicht so viel Raum gäbe.
Der gewöhnliche Mut. Da wäre der Mut schlechthin. Die Grundform sozusagen. Da fasst sich ein Mensch ein Herz. Etwas in ihm sagt Ja. Ich will. Ich tue es. Der Mutige weicht nicht aus, er stellt sich der Situation. Aber schon wird es kompliziert.
Die Demut. Die Demut ist eine besondere Form von Mut. Kirchlich ist sie hoch geachtet, andere sagen: überbewertet. Man soll sie nicht schlechtreden. Eine Fähigkeit zur Zuwendung steckt in ihr – eine Hochachtung vor dem, dem man begegnet. Man muss nur zwei kleine Buchstaben hinzufügen: ein E und ein L, dann wird aus der Demut eine neue Mutgestalt, nämlich der:
Edelmut. Er besticht keinwegs mit einer dem gewöhnlichen Mut bisweilen nachgesagten Sturheit, sondern mit Eleganz. Klar, und sympathisch. Auch so kann man mutig sein. Mit Ruhe und in freundlicher Geradlinigkeit. Großmut und Langmut. Gewöhnlich schreibt man dem Mut etwas Heftiges, eher Momenthaftes zu. Es gibt auch die ausdauernden Formen: den Langmut, der Geduld hat, und den Großmut, dem ein sehr weites Herz zu eigen ist. Er verliert die Geduld nicht so schnell. Eltern sollten auf ihn setzen. Die Kinder auch.
Hochmut. Beim Mut ist es wie bei den Engeln. Es gibt den Gefallenen. Dem Hochmut wird etwas Sündhaftes nachgesagt – wenn er seine Nase höher tragen zu müssen meint als die anderen. Aber es kann auch eine ganz ehrliche Stimmung sein. Eine heitere Frohmütigkeit, wie es im Lied heißt: „Nun sind wir alle frohgemut, so will es Gott gefallen“ – Gotteslob Nr. 950 übrigens.
Übermut. Der Übermut ist eine problematische Mut-Variante. Manchmal stolpert er über die eigenen Füße, meint, er wäre allein maßgeblich – schon ist es passiert. Man sollte doch auch den Kopf dabeihaben.
Anmut. Zweifellos eine der schönsten Gestalten des Mutes ist sie: die Anmut. Vielleicht deshalb tritt sie in weiblicher Gestalt in Erscheinung. So überhaupt nichts Überfallsartiges hat sie an sich. Anziehend wirkt sie, niemand würde ihr Erscheinen als Zumutung empfinden. Aber sogar Letztere, die Zumutung, hat ihre gute Seite. Wer mir etwas zumutet, traut es mir immerhin zu.
Schwermut und Wehmut. Es fällt nicht leicht, mutig zu sein. Besonders dann nicht, wenn Mut als Schwermut in Erscheinung tritt – und weh tut. Es braucht sie, die Schwermütigen und die Wehmütigen, die die Dinge nicht nur mit Gleichmut auf die leichte Schultern nehmen, sondern sich zu Herzen gehen lassen. Da wünscht man ihnen, dass sie jemanden treffen, der sie mit Frohmütigkeit ansteckt.
Starkmut. „Thymos“ nannten die Griechen den Mut. Das bedeutet auch: Lebenskraft. Die Lebenswurzel, könnte man sagen. Tief drinnen sitzt sie im Menschen – und macht ihn stark. Wo jemand sich nicht gehen lässt, sondern selber geht. Das ist er. Laut Bundeshymne, dritte Strophe, ist er sogar staatstragend. „Mutig in die neuen Zeiten, frei und gläubig lasst uns schreiten.“ Also: Nur Mut.