Die Glaswand von Elisabeth Plank in der Kapelle des Seniorenwohnheimes Sonnenhof am Fuße des Linzer Freinberges.
Seit dem Mittelalter nehmen Farbglasfenster bei der Gestaltung von sakralen Räumen eine zentrale Rolle ein. Ihre mystische Stimmung, die Leuchtkraft und Brillanz der Farben wurden für Orte der Gottesbegegnung besonders geschätzt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Künstlerinnen wie Lydia Roppolt und Margret Bilger eindrucksvolle Werke in oberösterreichischen Kirchen geschaffen. Auch auf die Malerpersönlichkeiten der Gegenwart übt die Glasmalerei eine ungebrochene Faszination aus, wie die international beachteten Glasfenster in der Pfarrkirche Weyer von Siegfried Anzinger beispielhaft zeigen.
In Farbe denken. Für die in Linz lebende Malerin Elisabeth Plank, die zu den interessantesten Positionen der abstrakten Malerei in Österreich zählt, eröffnet die Arbeit mit farbigem Glas eine Möglichkeit, ein visuelles Denken – jenseits der sprachlichen Fassbarkeit – umzusetzen. In der von Architekt DI Raimund Lefenda im Zuge des Neubaus geplanten Kapelle schuf sie im Auftrag der Vinzenzgemeinschaft Hl. Familie, der Trägerin des Hauses, eine rund 40 m2 große Glaswand als zentrale Schauseite der Kapelle. Das Werk wurde vom Seelsorger des Hauses, Pfarrer Herbert Kretschmer, gestiftet, im Jänner 2011 fertiggestellt und von Bischof Maximilian Aichern gesegnet. Das „Glaswandbild“ reicht über die gesamte Fläche. Es ist in sieben vertikale Bahnen gegliedert und wurde in der Glaswerkstätte des Stiftes Schlierbach hergestellt. Die klar abgegrenzten Farbfelder setzen sich aus unzähligen Farbnuancen zusammen, die anstatt eines gegenständlichen Raumes einen Farbraum eröffnen, der in die Tiefe führt. Einzelne Farbflächen durchdringen und überschneiden einander und bleiben dennoch immer in ihren vorgegebenen rechteckigen und quadratischen Feldern. Die Glaswand wirkt farbenfroh und lebhaft und bleibt doch geheimnisvoll und unergründlich. Den aufmerksamen Betrachter/innen eröffnet sich in der Mitte der Wand, unmittelbar über dem Altar, ein großes Kreuz.
Ein Ort der Stille. Im Sonnenhof verbringen Menschen ihren letzten Lebensabschnitt; für sie ist die Kapelle ein Ort, in dem sie – von Stille umfangen – nachdenken, beten und ihr Leben vor Gott bringen. Ein Leben, das sich aus einzelnen Abschnitten zusammenfügt, die nicht immer ergründbar sind, das mit seinen Höhen und Tiefen Erfahrungen und Gefühle hinterlässt, die nicht immer in Sprache zu fassen sind, und das sich dennoch zum Schluss zu einem großen Ganzen fügt. Dieses Leben wird Fläche für Fläche vom Kreuz durchwoben. Es bleibt – nicht auf den ersten Blick erkennbar – im Zentrum stehen.