„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns sein Zelt aufgeschlagen.“ So lautet die wörtliche Übersetzung aus dem Johannes-Prolog, die wir am Weihnachtstag hören. Das ist die Frohe Botschaft: Gott lässt uns nicht allein. Adventserie mit Bischof Benno Elbs.
Ausgabe: 2017/51
19.12.2017
Das Bild von der Lade Gottes, die in einem Zelt wohnt (siehe dazu die erste Lesung des 4. Adventsonntags auf den Mittelseiten dieser Ausgabe), fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Die reich mit Gold verzierte Truhe aus Akazienholz birgt unter anderem die Steintafeln mit den Zehn Geboten (vgl. Ex 25,10–15). Sie enthält das Allerwertvollste und ist doch wieder so leicht und beweglich, dass sie auf dem Weg durch die Wüste mitgetragen werden kann. Für Israel ist die Bundeslade das Zeichen der Gegenwart Gottes und seiner Gerechtigkeit. Durch alle Gefahren und Bedrohungen ist er mit ihnen. Gott ist mit uns Menschen unterwegs. Er ist dort, wo Menschen leben – in unseren Freuden und in unseren Enttäuschungen, im Jubel und in der Sorge, selbst in der Niederlage. Gott ist überall da, wo du bist. Wir selbst sind Gottes Tempel. Der Zweitwohnsitz Gottes ist das Herz des Menschen, könnte man wohl sagen. Das ist der innerste Kern der biblischen Botschaft.
Sehnsucht nach Heimat
Gleichzeitig gibt es im Volk Israel – und ebenso bei uns – den Wunsch nach einer festen, sicheren Wohnung, die Bestand hat. So möchte König David auch für den Gott Israels ein Haus, einen Tempel bauen. Es ist ein vom Alltäglichen herausgenommener Ort, wo die Brücke zu Gott noch einmal in ganz besonderer Weise gepflegt und gestaltet wird: in der Liturgie, beim Feiern des gemeinsamen Gottesdienstes, im Beten und Singen, in einem besonders schön und kostbar gestalteten Raum, der das Herz und die Seele öffnet für das Göttliche und das Himmlische. Auch das entspringt einer tiefen Sehnsucht des Menschen, nämlich irgendwo zu Hause zu sein, Heimat und Wurzeln zu finden. Werteforscher belegen das in ihren Umfragen immer wieder. Beides ist in der Botschaft des Advents und von Weihnachten enthalten. Wir sind miteinander unterwegs, wie auch Gott mit uns unterwegs ist. Wir dürfen zu Hause sein an einem Ort, wo wir Liebe und Geborgenheit erfahren. Und ebenso brauchen wir Orte, die uns Gottes besondere Nähe und Gegenwart spüren lassen.
Gott baut uns ein Haus
Papst Franziskus spricht immer wieder von der Zärtlichkeit der Liebe Gottes. „Maria versteht es, mit ein paar ärmlichen Windeln und einer Fülle zärtlicher Liebe einen Tierstall in das Haus Jesu zu verwandeln“, formuliert er so einfühlsam und lebensnah in seinem Schreiben „Evangelii gaudium“ (Nr. 286). Zu Hause ist man dort, wo man Zärtlichkeit erfährt, wo Menschen Zeit mit mir verbringen und wo ich die wertschätzende Zuwendung von lieben Menschen erfahren kann. Ja, zuhause ist man dort, wo man geliebt wird. Wir dürfen uns freuen, wenn wir diese beiden Realitäten des Volkes Israel – die des guten und begleiteten Weges und die des heiligen Ortes – auch in unserem persönlichen Leben erfahren dürfen. Dann ist Weihnachten!
Ein Licht anzünden Ein Gang durch den Advent mit Bischof Benno Elbs Teil 4 von 4