Ob Räucherwerk, Auf- und Entladesteine oder Pendel: Esoterik ist heute allgegenwärtig. Welche Fragen dahinterstehen und warum sie nicht im Einklang mit dem Christentum steht, erklärt unsere Serie.
Ausgabe: 2016/42
18.10.2016 - Prof. Dr. Karl-Richard Essmann
Esoterik ist heute in aller Munde, aber was man darunter versteht, ist nicht immer klar. Man begegnet in ihr Schlagwörtern wie „positives Denken“, „neue Spiritualität“, „kosmisches Bewusstsein“, „Entdeckung des eigentlichen Ich“, „Selbsterlösung“ und dergleichen. Nahezu alles und jedes kann dazugehören. Was Esoterik wirklich meint, bestimmt oft jeder Esoteriker für sich.
Dahinter steckt der große Mangel an Antworten bei so grundlegenden Fragen wie: „Woher komme ich, warum bin ich da, wohin gehen wir, was ist der Sinn meines Lebens“. Menschen haben heute immer mehr, womit sie leben können, aber sie wissen oft immer seltener, warum sie eigentlich leben. Das Christentum galt lange Zeit als einziger glaubwürdiger Garant für gelungene Antworten auf solche Fragen. Aber die Kirchen scheinen das Monopol auf Religion verloren zu haben. Sie müssen sich die Antworten mit einer Fülle von Meinungen teilen. Und so pendeln die Menschen heute zwischen „Yoga und Joghurt, zwischen Magie und Müsli, zwischen Walpurgisnacht und Waldläufen“.
Die Esoterik meint, die Antwort auf solche Fragen finde der Mensch nicht in Außeninstanzen, wie zum Beispiel der Kirche. Die Antwort habe er schon in sich, sie sei nur verschüttet und verborgen.
Große Versprechungen
Das entspricht dem Begriff Esoterik. Das Wort „Esoterik“ kommt aus der griechischen Sprache und heißt „innerlich, verborgen, geheim.“ Sie verspricht dem Menschen, dass er Zugang zu diesen verborgenen Inhalten bekommen kann. Es bedürfe nur bestimmter Energien, Kräfte und Techniken, um sich diese Antworten bewusst zu machen. Dann könne der Mensch „ewige Gesundheit, Glück bis hin zur völligen Beherrschung von Körper und Geist“ erreichen. Auch der Erfolg könne sich durch den Einsatz übersinnlicher Kräfte einstellen und man gelange zu einem vollkommenen Wissen über die Zusammenhänge dieser Welt. All das sei selbst zu leisten, selbst zu tun, man erfahre keine Hilfe von außen – sieht man von Kursen, die man zukaufen kann, ab.
Christliche Begriffe wie Gnade werden in diesen Zusammenhängen denkunmöglich. Christus als Heiland und Erlöser wird überflüssig und auch der Gottesbegriff wird tunlichst vermieden. Es heißt dann kosmische Energie, spirituelle Kraft, energetischer Funke oder inneres Feuer. An die Stelle Gottes tritt häufig das eigene „Ich“, wie es einmal ein Esoteriker sehr treffend formuliert hat, „früher war ich Atheist, jetzt weiß ich, dass ich Gott bin“.
Gefahr
Zwar gilt auch für Christen, Gott in sich zu erkennen und Gott im Nächsten zu sehen. Aber der christliche Gottesbegriff geht darüber hinaus. Gott ist mehr, als das, was ich in mir erkennen kann oder im Nächsten. Esoteriker setzen aber diese Erfahrung absolut und sie übersehen, dass es auch Selbsttäuschung und Selbstüberschätzung gibt. Da beginnt Esoterik auch gefährlich zu werden. Menschen werden überfordert und zerbrechen dann. Gott in sich gefunden zu haben kann ein Zeichen der Gnade des Heiligen Geistes sein, es kann aber auch „der eigene Vogel“ sein. Für Christen gilt es, sich in solch einer Situation zu erinnern, dass Gott versprochen hat, „ich bin bei euch (und nicht nur in euch) bis zum Ende aller Tage“.«
Esoterische Versprechungen christlich hinterfragt, Teil 1 von 3