Die vielen Formen des Gottesdiensts bereichern die Kirche
Sakramente, Sakramentalien, Volksfrömmigkeit
Ausgabe: 2017/31
01.08.2017 - Dr. Liborius Olaf Lumma
Das Schlagwort des Zweiten Vatikanischen Konzils von der „Hierarchie der Wahrheiten“ gilt auch für die Liturgie: Es gibt gottesdienstliche Formen, die haben für die katholische Kirche zentrale und sinnstiftende Bedeutung. An ihnen kann man erkennen, was der Kern des christlichen Glaubens ist und wie die katholische Kirche diesen Glauben zu einer Feier-Kultur hat werden lassen.
Ausrichtung
Das muss nicht heißen, dass die zentralen kirchlichen Feierformen auch im Leben jedes einzelnen gläubigen Menschen im Mittelpunkt stehen. Aber die katholische Kirche erwartet von denen, die in ihrem Namen auftreten, verkündigen und Gottesdienste gestalten, dass sie mit den Grundvollzügen des kirchlichen Feierns, seinen Inhalten und seiner Bedeutung vertraut sind und alles andere darauf ausrichten und daran messen.
Zentrum
Was gehört nun zu diesem Zentrum und was nicht? Im Zentrum stehen Osterfest und Eucharistie. Von dort erhalten dann jeder Sonntag und die Feste des Kirchenjahres ihre zentrale Bedeutung. Es folgt das Stundengebet als Alltag des kirchlichen Betens, ausgerichtet an den Rhythmen der Schöpfung, aber auch an den Festtagen und Festzeiten des Kirchenjahres.
Sakramente
Dann sind die anderen Sakramente zu nennen: Taufe und Firmung, Versöhnung und Krankensalbung, Weiheamt und Ehe. In ihnen verdichtet sich das Glaubensleben in zentraler Weise, aber im Unterschied zu Eucharistie und Stundengebet sind diese Sakramente immer auf einen konkreten Anlass bezogen. Sie finden nicht „einfach so“ statt, sondern nur, wenn jemand getauft werden möchte, wenn jemand Schuld auf sich geladen hat, wenn ein Paar heiraten möchte und so weiter. Ganz neu zu der Reihe hinzugetreten ist nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Wort-Gottes-Feier (siehe den zweiten Teil dieser Serie), die ihren festen Platz in der Kirche derzeit noch finden muss.
Schätze
Und dann folgt alles andere, was die Kirche an gottesdienstlichen Schätzen hervorgebracht hat. Manches ist auf besondere Anlässe oder Feste beschränkt und wird zum Teil zu den Sakramentalien („sakramenten-ähnlich“) gezählt, etwa die Kirchweihe, die Orgelsegnung, das Krippenspiel, das Begräbnis, die Verlobung und die Fronleichnamsprozession. Anderes prägt eher das alltägliche Gebetsleben auch ohne besonderen Anlass, etwa der Rosenkranz, das Jesusgebet, das Angelusgebet oder die eucharistische Anbetung. Für manche in der katholischen Kirche hängt das Herz an diesen Formen des Glaubenslebens und des Betens, und sehr viel Emotion ist damit verbunden. Wir sollten aber nicht aus dem Auge verlieren, dass das Katholischsein nicht an diesen Gottesdienstformen hängt. Es ist nicht gut – im Gegenteil, es führt eher von der Kirche weg –, wenn irgendwer versucht, irgendjemandem diese Formen des Betens und Feierns aufzudrängen und aufzuzwingen oder sie zum Maßstab für die Zugehörigkeit zur Kirche zu machen.
Osterglaube
Die Kirche baut auf dem Osterglauben und der in diesem Glauben gefeierten Eucharistie auf, alles andere kommt von dorther und führt dorthin. Wenn wir das im Hinterkopf behalten, dann kann die Vielfalt der gewachsenen und immer wieder neu entstehenden Frömmigkeitsformen das sein, was sie sein soll: nicht Verengung des Glaubens, sondern Reichtum und Vertiefung.