Die Betreuung von Kindern ist Arbeit. Sie soll – wenigstens zum Teil – aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, ganz gleich ob sie von Eltern, Verwandten oder im Kindergarten geleistet wird. Das ist die Idee des Kinderbetreuungsschecks.Zwei Fragen tauchen derzeit in (fast) allen Diskussionen um Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Gerechtigkeit immer wieder auf:1. Gesellschaftlich wertvolle Arbeit wird nicht nur im Bereich der herkömmlichen Erwerbsarbeit geleistet. Wir brauchen eine Ausweitung des Arbeitsbegriffes und eine Neuverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und eine Neuverteilung der Einkommenschancen. 2. Familienarmut hängt wesentlich damit zusammen, daß durch die Betreuung der Kinder die Erwerbsmöglichkeit zumindest eines Elternteiles stark eingeschränkt ist. Alleinerziehende und Mehrkindfamilien trifft dies besonders.Obwohl es bei der Bewertung dieser Fragen eine breite politische Übereinstimmung gibt, kracht es fast regelmäßig, wenn es darum geht, daraus konkrete familienpolitische Maßnahmen abzuleiten. In den letzten Wochen geriet so die Idee eines Kinderbetreuungschecks ins politische Kreuzfeuer. Von einem „großen Bluff“ und einer „riesengroßen Falle“ für Frauen, die wieder an den Herd zurückgeschickt werden sollen, sprachen unisono sozialistische und liberale Politiker/innen. Begrüßt hingegen wurde die Idee von den Familiensprecherinnen der ÖVP und FPÖ. Anlaß zu den Wortgefechten war die Präsentation einer Machbarkeitsstudie für ein Kinderbetreuungsgeld und die Ankündigung von Minister Bartenstein, daß er die Absicht habe, dieses Modell politisch umzusetzen.Helmuth Schattovits vom Institut für Familienforschung, der mit einer hochkarätigen Experten/innenriege diese Studie angefertigt hat, versteht die Aufregung nicht. „Zum ersten Mal wurde zur Abschätzung einer weitreichenden politischen Maßnahme eine umfassende Studie durchgeführt. Nun liegt der Rohbericht vor, der nicht nur verschiedene Modelle, deren Kosten und Finanzierbarkeit aufzeigt, sondern sich auch mit den möglichen familienpolitischen, frauen- und beschäftigungspolitischen Auswirkungen befaßt. Da sollte man doch sachlich darüber diskutieren können.“Der Familienscheck zielt darauf ab, daß die Erziehungs- und Betreuungsarbeit an Kleinkindern wenigstens teilweise abgegolten wird. Das Geld bekommt jede Familie mit Kleinkindern, unabhängig davon, ob die Kinder zu Hause oder außer Hause betreut werden. Das Betreuungsgeld ist auch unabhängig davon, ob man vorher erwerbstätig war oder während der Betreuungszeit erwerbstätig ist. „Die Eltern“, so Schattovits, „haben die Pflicht, ihre Kinder gut zu betreuen. Wie sie das machen, ist ihre Sache, solange es für das Kind gut ist. Mit dem Betreuungsgeld haben sie viel mehr Varianten – von ganz zu Hause bis ganz berufstätig. Diese Wahlfreiheit hatten sie bisher nicht.“ Schattovits ist überzeugt, daß durch den Betreungsscheck auch das Angebot an guten Teilzeitjobs und an sehr flexiblen Kinderbetreuungseinrichtungen ansteigen wird. Hans Baumgartner