Um die Probleme der Erde zu lösen, braucht es maximales Gottvertrauen und maximales Engagement, meint der Theologe Michael Rosenberger. Die Ökumenische Sommerakademie 2017 suchte nach Wegen, wie die Erde ein Garten bleibt und nicht zur Wüste wird.
Ausgabe: 2017/29
18.07.2017 - Matthäus Fellinger
„Der Mensch hat die Aufgabe, die Schöpfung Gottes wie ein Treuhänder zu bewahren“ – sagt Ursula Fatima Kowanda Yassin. Die Sorge um die Schöpfung verbindet die Religionen, meint die muslimische Theologin aus Wien. Es sei dieselbe Sorge, von der auch Papst Franziskus spricht, wenn er die Erde als das gemeinsame Haus bezeichnet – und für einen zärtlichen Umgang mit der Schöpfung wirbt.
„Nur im Einklang mit Gott tut der Mensch sich und der Schöpfung gut“, betont auch die katholische Bibel-Theologin Elisabeth Birnbaum. Bei der 19. Ökumenischen Sommerakademie, die von 12. bis 14. Juli im Stift Kremsmünster stattfand, ging es nicht nur um wissenschaftliche Analysen um den Zustand des Planeten Erde. Es ging auch um die Rolle von Religionen und Kirchen für die Schöpfungsverantwortung. Es braucht einen neuen Lebensstil, der die Erde nicht verwüstet zurücklässt. „Die Kirchen sind eine Ressource für die Heilung der Welt“, meint etwa der oberösterreichische Superintendent Gerold Lehner. „Eine angepasste Kirche bringt der Welt gar nichts“, sagte er. „Die Kirche muss jeder Politik widerstehen, die die Erde bloß als Ware betrachtet“, betonte der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic.
Mit Engagement und Gottvertrauen
Moraltheologe Michael Rosenberger ortet einen Stillstand. Die großen Umweltkonferenzen haben noch nicht zur wirklichen Umkehr geführt. Noch immer werde viel zu wenig unternommen, um etwa von der fossilen Energie wegzukommen. Es gehe nicht mehr an, „nur ein bisschen was zu ändern. Die Grundstruktur unseres Lebensstils und unserer Wirtschaftsweise müssen auf den Kopf gestellt werden“, meint Rosenberger. Das nicht irgendwann, sondern heute.
Die christliche Spiritualität rät, den Blick sehr weit in die Zukunft zu richten. Wie sieht die Welt am Ende des Lebens, wie sieht sie in hundert Jahren aus? Angst könne einem da werden und bange. Aber „Wir brauchen die Angst“, sagt Rosenberger. Sie kann fruchtbar werden. Die Angst und die Hoffnung miteinander zu verbinden, darin liege der Weg. Im Sinne des hl. Ignatius gehe es darum, maximales Gottvertrauen und maximales Engagement zu verknüpfen.
„Wer seine Verantwortung für die Schöpffung wahr- und ernstnimmt, engagiert sich trotz der realistischen Möglichkeit, dass die Zerstörung der Erde noch weitergeht. „Du sollst und du kannst anders handeln, auch wenn du die Welt nicht rettest.“ Diese Haltung leitet Rosenberger aus biblischen Texten, vor allem aus der Apokalyptik ab.
Auch eine rein weltlich verstandene Ökologie braucht einen Kern an Spiritualität, meint der Theologe. „Sie müsse begreifen, dass die wichtigsten Dinge im Leben uns geschenkt sind – sonst kommt man aus seiner Verbissenheit nicht heraus“.
Ansätze
Was es im Konkreten bedeuten kann, erzählte Biobäuerin Margit Mayr-Lamm. Sie und ihr Mann Josef haben bei Allhaming mit einem Bio-Gemüsebetrieb angefangen. Sie bleiben bewusst klein, obwohl das „Geschäft“ gutgeht. Sie wollen, sagen sie, die Freude an der Arbeit nicht verlieren. Das Nahverhältnis mit ihren Kundinnen und Kunden ist ihnen wichtig.
Christoph Wiesmayr ist Architekt. Im Industriegebiet von Linz hat er den ersten Gemeinschaftsgarten gegründet. „Urban gardening“ nennt man heute die Bewegung. Städter sollten so in Berührung mit der Natur kommen. Über 90 ähnliche Projekte gibt es inzwischen in Oberösterreich.
Eine neue Beziehung mit der Natur braucht es. Naherfahrungen mit dem, woher das Essen kommt. Das wurde bei der Ökumenischen Sommerakademie deutlich. Ebenso dies: Auch ein so schwieriges Unterfangen wie die Welt zu retten gelingt, nicht ohne Lust und nicht ohne Freude.«