Die Priesterweihe für die Frau lehnt Papst Franziskus ab. Er fordert aber eine Öffnung von weiteren kirchlichen Verantwortungsbereichen für Frauen. Schon in der Alten Kirche entdeckt man einen überraschend großen weiblichen Einfluss.
Ausgabe: 22/2017
30.05.2017 - Dr. Dr. Johannes Hofmann
Frauen folgen Jesus bis zur Kreuzigung und bezeugen seine Auferstehung. Jesus pflegt einen einmaligen Umgang mit ihnen. Er lässt Begegnungen mit Frauen zu, unterhält sich mit ihnen, hilft ihnen, heilt sie, redet gut von ihnen, erwähnt sie als handelnde Personen in Gleichnissen, akzeptiert ihre Begleitung und ihren Dienst. Folglich sind Frauen in der Urgemeinde als Prophetinnen, karitativ Tätige, Missionarinnen, theologische Lehrerinnen und Gastgeberinnen führend. Das bekannte Schweigegebot des Paulus für Frauen (1 Kor 14,34) ist also zu relativieren. Eventuell liegt hier eine spätere Einfügung vor oder es geht um konkrete Probleme vor Ort. Für die große Bedeutung der Frauen in der frühen Kirche spricht das Beispiel kleinasiatischer Christinnen. Das hängt allgemein mit der Stellung der Frauen in dieser Zeit und in dieser Gegend zusammen.
Selbständige Frauen
Frauen der kleinasiatischen Gesellschaft arbeiten im ersten und zweiten Jahrhundert selbständig in Handel und Gewerbe und lassen bisweilen aus Prestigegründen prachtvolle öffentliche Gebäude errichten. Töchter von Adelsfamilien steigen im zweiten Jahrhundert zu höchsten Ämtern ihrer Heimatstädte auf. Letztere decken sich vermutlich weitgehend mit der riesigen Haushaltsgemeinschaft („oikos“) ihrer Familien, weshalb sie in ihrem Amt die Grenze ihres Haushalts nicht überschreiten – und christliche Gemeinden sind damals vorrangig „Hausgemeinden“. Folglich berichtet das wohl Ende des ersten Jahrhunderts in Kleinasien entstandene Johannesevangelium von vergleichbaren christlichen Frauen. Sie bezeugen im Auftrag Jesu und mit Billigung der Gemeinde seine Auferstehung, empfangen und verkünden das Evangelium und repräsentieren die Gemeinde im Messiasbekenntnis.
Hohes Ansehen
Ebenso wirken hier christliche Prophetinnen. Die Töchter des Philippus sind zum Beispiel Mitte des ersten Jahrhunderts Prophetinnen in Hierapolis und Ephesus und gelten Ende des zweiten Jahrhundert als wichtige Autoritäten. Ammia ist um die Mitte des zweiten Jahrhunderts Prophetin in Philadelphia und genießt noch um das Jahr 160 hohes Ansehen.
Weibliche Autoritäten
Ebenso arbeiten im Kleinasien des ersten Jahrhunderts christliche Lehrerinnen wie Priska, die Lehrerin des Apollos, oder die Paulusschülerin Thekla, die in Antiochien, Ikonium und Seleukia lehrt. Schließlich sind Priska in Ephesus und Nympha in Laodizea (oder Hierapolis) als weibliche Autoritäten in christlichen Hausgemeinden bezeugt – vielleicht nach Art des im Römerbrief (16,1) erwähnten weiblichen Diakonos Phoebe. Die weiblichen Diakone, aber auch die Tendenzen zur Zurückdrängung der Frauen in der Kirche sind Thema des nächsten Teils dieser Serie.