Wort zum Sonntag
Wenn wir den Zölibat damit begründen, dass Sexualität etwas Sündhaftes und Schmutziges ist und dass deshalb die Priester, die die Sakramente feiern und bei der Eucharistie die geweihte Hostie berühren, sexuell enthaltsam leben müssen – wie in der Geschichte für allzu lange Zeit gelehrt worden ist –, dann ist er Unsinn. Oder wenn jemand glaubt, der Zölibat erspare es ihm, sich mit seiner Sexualität auseinanderzusetzen oder löse vielleicht sogar Probleme, die er mit seinem Gefühlsleben (Affektivität) hat, dann ist er Unsinn.
Aus der Geschichte wissen wir, dass im Hochmittelalter die Gründe dafür, dass den Priestern schließlich definitiv die Ehe untersagt worden ist, oft allzu weltlich waren, nämlich kirchliche Pfründe und Rechte nicht durch die Vererbung an Priestersöhne zu verlieren.
Der Zölibat gehört in der katholischen Kirche unlösbar zum priesterlichen Amt dazu, obwohl die Kirche bis heute einräumt, dass dies nicht notwendig sei. Es handelt sich um eine kirchliche Vorschrift, die jederzeit geändert werden könnte. In der Untergrundkirche im ehemaligen Ostblock gab es verheiratete Männer, die mit der Zustimmung des Vatikans zu Priestern geweiht worden sind. In den orthodoxen Kirchen gibt es seit jeher verheiratete Priester, auch in den mit der katholischen Kirche unierten Kirchen. Einmal habe ich erlebt, dass ein Pfarrer wegen der Beziehung zu einer Frau das Amt aufgegeben hat. Nach ihm zog ein verheirateter Priester einer katholischen Ostkirche mit seiner Familie in den Pfarrhof ein. Viele Gläubige haben die Welt nicht mehr verstanden.
Sollen wir den Zölibat also abschaffen? Nein, denn er kann eine bewusste Entscheidung sein, in der Nachfolge Jesu auf eine eigene Familie zu verzichten. Er gehört zur Vielfalt an Lebensentwürfen und Beziehungsformen in der Kirche. Diese reichen vom Gelübde der Ehelosigkeit in den Ordensgemeinschaften über das priesterliche Amt bis hin zur Ehe. Neu bedacht werden sollte aber der Zölibat als notwendige Zulassungsbedingung zur Priesterweihe.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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