Wort zum Sonntag
Sie kann sich noch gut an die Anfänge erinnern, erzählt Dorothea Schwarzbauer-Haupt. Oftmals war im Gottesdienst nur von „Brüdern!“, dem „Herrn“ oder den „Jüngern“ die Rede. Es gab den Wunsch nach einer Liturgiereform aus Frauensicht: Die „vermännlichte“ Sprache schloss Frauen aus, Frauen waren höchstens mitgemeint, zudem gab es wenig Bibelstellen, in denen Frauen vorkamen, erzählt die pensionierte Religionslehrerin. Das war der Ausgangspunkt vor über 25 Jahren. Die Predigthilfen sollten da ansetzen: Das Wort „Hilfe“ war bewusst gewählt, denn das Wort „predigen“ durfte eine Frau damals nicht in den Mund nehmen, wenn sie im Gottesdienst eine Bibelstelle erklärte.
Die Entwickung ging vor und zurück, auch ein ausdrückliches Predigtverbot wurde in der Diözese Linz in den 2000er-Jahren noch erteilt. „Das wurde aber nie umgesetzt. Die Pfarrer haben uns die Stange gehalten“, freut sich Schwarzbauer-Haupt noch heute über die Solidarität ihrer Kollegen.
Auch Maria Eicher, designierte Pastoralvorständin der künftigen Pfarre Attersee, kann sich noch gut an die Anfänge erinnern. Aus ihrer Hand stammt der erste Predigtvorschlag: „Wir hatten damals eine Aufbruchsstimmung in der frisch gegründeten Frauenkommission. Nicht nur, dass es sie gibt, sondern auch, dass Frauen etwas bewirken können. Uns war wichtig, dass die Lebenswirklichkeit von Frauen wahrgenommen wird und dass die vielen Gottesdienstbesucher und Gottesdienstbesucherinnen gesehen werden!“
Die Predigthilfen wurden von Frauen erstellt und sind von Anfang an sehr gut angekommen. 70 Abonnent:innen gab es. Ein Vorteil war auch, dass Frauen nun publizieren konnten. Ihre Texte waren öffentlich abrufbar – Männer und Frauen nutzten sie. „Es ging nicht darum besser zu sein, sondern anders – eine andere Sicht auf die Welt, die Lebenswirklichkeit, die Bibel zu eröffnen“, sagt Schwarzbauer-Haupt.
Eine der ersten Predigten von Monika Udeani kann sie nicht vergessen: Udeani erklärte den „faulen Frieden“ anhand eines Kochrezepts: „Wird ein Kuchen zu heiß gebacken, verbrennt er außen, innen bleibt er aber roh. Er ist ungenießbar. – Alle, die schon einmal Kuchen gebacken hatten, verstanden damals, worum es ging“, erzählt sie – und lacht.
Der Alternativ-Leseplan für Frauenperikopen ermöglichte zudem Bibelstellen auszuwählen, in denen Frauen vorkamen. Dazu wurde dann auch ein Predigtvorschlag erarbeitet und online gestellt. Es wurde mehr und mehr Usus, offene Gottesbilder zu verwenden: zum Vater kam die Mutter, die Quelle, die Schwester, die Geistkraft. Frauen wurden benannt und angesprochen. Es gab Jünger und Jüngerinnen oder Brüder und Schwestern. Rückblickend kann gesagt werden: Was für viele heute selbstverständlich, wurde vor Jahrzehnten erst Schritt für Schritt erarbeitet.
Irmgard Lehner, von 2000 bis 2004 Frauenbeauftragte der Diözese Linz und heute Leiterin des Fachbereichs Seelsorger:innen in Pfarren, unterstreicht die Bedeutung des Projekts: „Es war mir eine Freude, die jeweils neueste Frauenpredigt der verschiedenen Predigerinnen für die Website und den Versand an Abonnent:innen weit über unsere Diözese hinaus fertigzustellen. Die Frohe Botschaft Jesu erschließt sich konkreter und vielfältiger und inspirierender, wenn die Geistkraft auch die Lebenswelten und Blickwinkel von Frauen in Worte fasst.“
Mittlerweile ist der Fundus auf 212 Frauenpredigten angewachsen. Diese sind online auf der Website der Frauenkommission verfügbar. Hier kann man mit einer Suchfunktion rasch die passenden Inhalte herausfiltern. Zudem werden die Frauenpredigten über das im deutschsprachigen Raum maßgebliche Predigtforum der Redemptoristen predigtforum.com über die Grenzen Oberösterreichs hinaus verbreitet. „Frauen predigen erfrischend anders“, lautet etwa das Resümee von P. Hans Hütter CSSR aus seiner bald 30-jährigen Redaktionsarbeit des Predigtforums.
Bis heute sind Frauenpredigten im Einsatz, der Unterschied ist, dass sie nun oft im Nachgang – nach der Predigt – veröffentlicht werden. Dann muss man nur auf das passende Lesejahr warten. Aber langen Atem haben Frauen in der Kirche – das haben sie längst bewiesen.
Frauenpredigt, Alternativ-Leseplan: Mehr dazu auf www.dioezese-linz.at/
frauenkommission
Zu Bild 2: Ein Blick zurück: „Für seine konsequente Verwendung männlicher und weiblicher Formen in seiner Sprache wurde Bischof Maximilian Aichern von der Frauenkommission der Diözese Linz im Jahr 2003 symbolisch mit dem „Frauenschuh“ ausgezeichnet. Die scheidende Vorsitzende der Frauenkommission Margit Hauft (rechts) und die neu gewählte Vorsitzende Dorothea Schwarzbauer-Haupt (links) gratulieren.“
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