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Im Insolvenzrecht gilt der Grundsatz: Wer vorleistet, den trifft das Insolvenzrisiko. Hat der Kunde oder die Kundin vor Insolvenzeröffnung Anzahlungen geleistet, Ware bestellt und vor Erhalt bereits zur Gänze bezahlt oder Gutscheine erworben, so hat er oder sie bloß Anspruch auf Zahlung der Insolvenzquote. Gleiches gilt für Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche. Die Insolvenzquote beträgt häufig weniger als 5 Prozent, im Fall eines Sanierungsplans zumindest 20 Prozent, selten mehr als 30 Prozent.
Um die Insolvenzquote zu erhalten, hat der Gläubiger die Forderung beim Insolvenzgericht anzumelden. Die Gerichtspauschalgebühr für die Forderungsanmeldung beträgt 25 Euro. Bei geringen Forderungen zahlt sich die Anmeldung daher kaum aus. Gläubiger und Gläubigerinnen können sich im Insolvenzverfahren durch einen der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände (Kreditschutzverband KSV, Alpenländischer Kreditiorenverband AKV, Österreichischer Verband Creditreform ÖVC) vertreten lassen.
Jede Insolvenzeröffnung wird im Internet in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt gemacht. Auf eine persönliche Verständigung sollten sich Gläubiger nicht verlassen, da Schuldner dem Gericht häufig keine (vollständige) Gläubigerliste vorlegen.
Hat der Kunde oder die Kundin den Werklohn oder den Kaufpreis noch nicht zur Gänze bezahlt und wird der Bauunternehmer während der Bauausführung oder der Vorbehaltsverkäufer nach Lieferung der Ware insolvent, so gilt Folgendes: Bei Kauf- und Werkverträgen, die bei Insolvenzeröffnung weder vom Schuldner noch vom Gläubiger voll erfüllt sind, hat der Insolvenzverwalter – nicht aber der Kunde – ein Wahlrecht. Wählt er die Erfüllung des Vertrags, so hat er den Vertrag anstelle des Schuldners zu erfüllen und kann seinerseits Erfüllung vom Kunden verlangen. Tritt der Insolvenzverwalter vom Vertrag zurück, so unterbleibt die weitere Erfüllung und der Kunde kann nur einen Schadenersatzanspruch als Insolvenzforderung anmelden.
Bestandverträge werden durch die Insolvenzeröffnung über den Bestandgeber nicht aufgelöst. Insolvenzspezifische Kündigungsrechte gibt es nicht. In der Insolvenz des Bestandnehmers kann der Insolvenzverwalter den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen oder der vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist kündigen. Bestandzinsrückstände aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen.
Arbeitsverträge werden durch die Insolvenzeröffnung nicht beendet. Ein vorzeitiger Austritt wegen Entgeltrückständen aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung kann nach Insolvenzeröffnung vom Arbeitnehmer nicht mehr wirksam erklärt werden. Das Arbeitsverhältnis bleibt vorerst aufrecht. Entgeltrückstände bis zur Insolvenzeröffnung stellen an sich bloße Insolvenzforderungen dar. Allerdings sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin nicht auf die Insolvenzquote beschränkt. Offene Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis werden durch den Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) gesichert. Die Arbeitnehmer können ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren anmelden und zugleich bei der IEF-Service GmbH Insolvenz-Ausfallgeld beantragen. Arbeitnehmer werden bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche durch den Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer:innen (ISA) unterstützt.
Erst wenn im laufenden Insolvenzverfahren feststeht, ob das Unternehmen fortgeführt oder geschlossen wird, entscheidet sich, ob das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet werden kann oder nicht.
Wird das Unternehmen mit Beschluss des Insolvenzgerichts geschlossen, kann der Insolvenzverwalter innerhalb eines Monats eine insolvenzspezifische Kündigung aussprechen. Dabei muss er nur die gesetzliche bzw. kollektivvertragliche Kündigungsfrist einhalten. Für den Zeitraum bis zum „normalen“ Kündigungstermin gebührt eine Kündigungsentschädigung, die vom IEF gesichert ist. Auch der Arbeitnehmer kann innerhalb dieser Monatsfrist das Arbeitsverhältnis durch insolvenzrechtlich zulässigen vorzeitigen Austritt beenden. Wird nur ein Teilbetrieb geschlossen, betrifft das insolvenzspezifische außerordentliche Kündigungs- bzw. Austrittsrecht nur die in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer.
Wird in der Berichtstagsatzung (Verhandlungstermin zwischen Gericht, Insolvenzverwalter und Gläubigerversammlung) die Fortführung des Unternehmens beschlossen, haben die Arbeitnehmer kein vorzeitiges Austrittsrecht. Der Insolvenzverwalter kann innerhalb eines Monats Rationalisierungskündigungen in einzuschränkenden Bereichen vornehmen. Bei einem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Schuldners steht dem Schuldner ein vergleichbares Recht zur Kündigung von Arbeitnehmern in einzuschränkenden Bereichen zu.
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