In Zwettl im nördlichen Niederösterreich kehrt der Abend ein. Karl Toifl, Lehrer an der Landwirtschaftlichen Fach- und Berufsschule Edelhof, hat Dienst im Internat der Schule. Die neuen Internatsschülerinnen und -schüler sind aus ganz Österreich ins Waldviertel angereist, manche waren aus Vorarlberg fast zehn Stunden unterwegs. Einer von ihnen sitzt am Bett und heult Rotz und Wasser, erinnert sich Karl Toifl. Heimweh drückt den Neuankömmling schwer. Doch der Lehrer hat eine Aufgabe für den Vierzehnjährigen: Im Stall der Schule kalbt eine Kuh, die Hilfe braucht – von niemand anderem als dem neuen Schüler aus dem Ländle. Während sich dieser auf den Weg in den Stall macht, wird das Heimweh von Schritt zu Schritt leichter. „Jeder Mensch braucht eine sinnvolle Aufgabe“, scheint das Credo von Karl Toifl zu sein.
Auch Toifl selbst hat viele Aufgaben. Neben seinem Beruf als Lehrer ist er in der Pfarre Sallapulka als Pfarrgemeinderat, Mesner, Lektor und Wortgottesdienstleiter im Einsatz. Einmal im Monat gibt es in Sallapulka einen Wortgottesdienst, den Karl Toifl akribisch vorbereitet. 15 bis 20 Seiten Vorbereitung sind für einen 45 Minuten langen Wortgottesdienst üblich. Denn auch dort ist ihm die Aufgabenverteilung wichtig: Möglichst viele Leute werden eingebunden. Alle Ministrantinnen und Ministranten bekommen ihre aktive Rolle, „damit niemand dasteht und womöglich nichts in der Hand hat“, sagt Toifl. Am 1. Juni konnte die Pfarre wieder sechs neue Ministrant:innen aufnehmen. Und das, obwohl die Sonntagsgottesdienste um 8 Uhr in der Früh beginnen – das löst vor allem bei manchen Eltern keine Freude aus.
Und dann gibt es noch etwas, das Karl Toifl seit vielen Jahren bewegt: die Katholische Männerbewegung. Vergangenen Herbst wurde er zum Österreich-Vorsitzenden der Männerbewegung (KMB) gewählt, doch schon vorher hat er, gemeinsam mit anderen, vieles in Bewegung gebracht. Zum Beispiel Abenteuer-Wochenenden für Vater und Sohn. „Da muss der Papa auch in den Schlafsack kraxeln, und am nächsten Tag tut ihm alles weh. So wächst man zusammen“, kommentiert Toifl das Erfolgsrezept. Es gibt aber auch Familienwanderungen oder ein Vatertags-Event mit Kanufahren auf der Thaya. Was die Angebote verbindet: Es sind gemeinsame Aufgaben zu meistern. Wie bei den KMB-Reisen, zu denen auch die Partnerinnen der KMB-Männer eingeladen sind. Dabei wird nicht nur getratscht und getrunken – nein, bereits im Bus gruppieren sich die Teilnehmenden nach ihren Interessen und besprechen sensible Themen, wie Toifl aufzählt: Das reicht von der Familienkultur über den Umgang zwischen Mann und Frau bis zu Reibungspunkten zwischen den Generationen, dem Altern und dem Lebensabend, (Männer-)Krankheiten, Arbeit und Arbeitslosigkeit. Die Reise dauert drei bis vier Tage, danach gibt es noch ein Foto-Austausch-Treffen mit Ganslessen. „Es ist entspannend und befreiend, wenn man mit anderen besprechen kann, wo der Schuh drückt. Bei vielen Themen gibt es kein Richtig oder Falsch, man bekommt einfach einen neuen Blick darauf.“ Und der neue Blick kann den Umgangston zuhause verändern, zeigt die Erfahrung.
Zum Vatertag bereitet die KMB normalerweise eigene Gottesdienst-Unterlagen vor, in denen dem Seelsorger zum Beispiel spezielle Fürbitten vorgeschlagen werden. Heuer hat man darauf allerdings verzichtet, weil der Pfingstsonntag über den Vatertag dominiert.
Vatertag feiert Karl Toifl auch in seiner eigenen Familie, und zwar ähnlich wie den Muttertag. Die drei Kinder, die bereits junge Erwachsene sind, werden eingeladen. Je nach Möglichkeit gibt es ein gemeinsames Frühstück, Mittagessen oder einen Nachmittagskaffee. Manche Küchenarbeiten werden an so einem Tag anders verteilt als sonst, aber vieles bleibt, wie es sich bewährt hat. Karl Toifl bedient die Kaffeemaschine. Wenn es einen Schweinsbraten gibt, macht er ihn gemeinsam mit seiner Frau. Wichtig an solchen Tagen ist, dass man sich austauscht – gemeinsam Fotos anschaut, aber auch zukünftige Familienfeste plant. „Der Sohn heiratet in zwei Wochen, da gibt es ein bissel was zu besprechen.“ Aber auch wenn eine Tochter ins Auslandsstudium aufbricht oder von einem Semester in Neuseeland zurückkommt – Themen gibt es immer genug. Am Leben der Kinder Anteil zu nehmen, ist Karl Toifl wichtig. Das war auch früher schon so: Wann ist der richtige Zeitpunkt für das erste Fahrrad? Ab wann dürfen sie alleine in die Schule fahren? Wann ist Zeit für das erste Handy? Gibt es Reibereien in der Klasse? Dürfen sie den Kinofilm ansehen, den alle gerade sehen wollen? Da geht es darum, gemeinsam mit den Kindern Prioritäten zu setzen, blickt Toifl auf die Zeit der vielen Entscheidungen zurück. Anteilnehmen heißt auch, einfach da zu sein. Dabei sein, wenn in der Musikschule, am Fußballplatz, beim Ballett, bei Judo oder Karate etwas los ist. Oder auch, wenn ein Kind krank ist, und es in der Nacht zum Arzt gebracht werden muss …
Anteil nimmt Karl Toifl auch am Leben seiner Schüler und Schülerinnen. Religion, das hat er sich ausverhandelt, unterrichtet er nur in Klassen, die er auch in anderen Gegenständen hat. Da kommt er mit den jungen Persönlichkeiten ganz anders in Kontakt. „Beim Schweißen, Schmieden, Bohren, Hämmern, wenn man viel Unterrichtszeit miteinander verbringt, wächst man zusammen.“ Besonders freut er sich zu sehen, wie sich die Jugendlichen in den Jahren am Edelhof entwickeln. „Es ist das Alter zwischen 14 und 18, wo auf einmal die Eltern so schwierig sind.“ Im Praktikum bei einem landwirtschaftlichen Betrieb ist die Weiterentwicklung besonders stark zu beobachten, meint Toifl. Und bei den Sprachreisen nach England, von denen Karl Toifl schon 27 organisiert hat. Das kostet Zeit, auch neben der Arbeitszeit. „Ich schaue nicht auf die Uhr“, sagt er als ältester Lehrer an der Schule. Am schönsten, erzählt er, ist zu sehen, „wie die Saat aufgeht“. Dazu trägt er mit seiner Väterlichkeit in Familie, Beruf und Ehrenamt bei.
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