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„Wenn ich erzähle, dass ich mich politisch engagiere, ist oft die erste Frage: Wie schaffst du das?“, sagt Michaela Kaineder. Die dreifache Mutter und Lehrerin ist Gemeinderätin in Ottensheim und findet diese Frage zwar nicht verwerflich, doch tue es gut, sie auch Männern zu stellen. „Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist kein Frauenthema. Es ist eine Herausforderung für alle, Männer und Frauen, alles unter einen Hut zu bringen.“
Um Frauen in der Politik und mit welchen Herausforderungen oder Vorurteilen sie möglicherweise konfrontiert sind, geht es in einer Veranstaltung vom Haus der Frau in Linz. Michaela Kaineder ist eine der vier Frauen, die zur Gesprächsrunde eingeladen wurden und sich auf verschiedenen Ebenen politisch engagieren (auch dabei sind OÖ. Landtagsabgeordnete Renate Heitz, Stadträtin Eva Schobesberger und Nicole Leitenmüller, Bürgermeisterin von Lembach im Mühlkreis).
Das Thema „Frauen in der Politik“ ist heuer ein Schwerpunkt im Haus der Frau. Unter anderem soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass Frauen hier noch immer unterrepräsentiert sind, sagt Eva-Maria Kienast, Leiterin des Hauses der Frau: „Frauen machen 51 Prozent der Bevölkerung aus. Wenn diese nicht mitgestalten können, hat das Konsequenzen.“
Nimmt man die Bürgermeister:innen, zeigt sich, dass ein Frauenanteil von 50 Prozent noch in weiter Ferne scheint: Von 2.093 Bürgermeister:innen in Österreich sind 10,5 Prozent weiblich. Positiv ist, dass die Zahl langfristig steigt. In Oberösterreich etwa gab es 2010 noch 28 Bürgermeisterinnen, 2015 waren es schon 34 und 2020 schließlich 46. Die aktuelle Statistik weist für 2024 derzeit 49 Bürgermeisterinnen auf (Quelle: Österreichischer Gemeindebund).
Kaineder hat das Gefühl, dass Frauen viele Kompetenzen zugesprochen werden in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Klimaschutz oder auch Mobilität. „Ich finde es spannend, wenn Kollegen überrascht sind, wenn Frauen auch Kompetenzen aus Bau oder Finanzen mitbringen, sich dafür interessieren oder Fragestellungen dazu haben.“ Es tue gut, wenn in den Ressorts die Geschlechter durchmischt sind, etwa im Sozialausschuss auch Männer vertreten sind.
Im Ottensheimer Gemeinderat hatte Kaineder selbst nie das Gefühl, als Frau nicht ernst genommen zu werden: „Von erwachsenen Menschen erwarte ich eine respektvolle Haltung, wo man mir zuhört und mich ausreden lässt.“ Das sei auch mehr eine Typsache denn eine Frage des Geschlechts: „Wenn ich selbst mit Ernsthaftigkeit dabei bin und mich inhaltlich gut vorbereitet habe und auskenne, dann nimmt das Gegenüber das auch wahr.“
Irgendwann sollte die Gesellschaft an den Punkt kommen, wo alle politischen Funktionen gleichberechtigt aufgeteilt sind, sagt Eva-Maria Kienast: „Dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen, sodass sich Frauen überhaupt politisch engagieren können. So würde ein viel größerer Teil der Bevölkerung samt deren Lebensrealitäten sichtbar gemacht.“
Dass es politische Strukturen braucht, die allen eine Chance zur Beteiligung geben, sagt auch Michaela Kaineder: „Es muss eine ordentliche Kinderbetreuung geben, die länger geöffnet ist als 13 Uhr. Dies ist oft entscheidend, ob jemand einen Job annehmen kann oder nicht. Kinderbetreuung sichert eine echte Wahlfreiheit, auch für Männer. Auch ihnen ist es ein Anliegen, denn Familie und Kinderbetreuung ist kein Frauenthema.“
Auch wenn noch viel zu tun sei, nimmt Kienast auch einiges Positives wahr: „Ich sehe, dass jüngere Frauen nachrücken, die sich politisch engagieren, vielleicht ein Stück weit anders aufgewachsen sind – mit dem Selbstbewusstsein, aktiv Gleichberechtigung einzufordern. Es braucht gute positive Vorbilder, durch die man sieht, es ist möglich.“
Kaineder betont, dass die Herausforderung im politischen Engagement gar nicht so sehr darin besteht, ob man dies nun als Mann oder Frau ausübt: „Es geht mehr um die Zeit, die man braucht. Man muss sich bewusst dafür entscheiden. Es ist ein Amt, wo es nicht nur um die Sache selbst geht, sondern um Inhaltliches, um Sitzungen, um Themen, in die man sich einlesen muss, aber auch um viele persönliche Gespräche und die Arbeit mit Menschen. Man muss sich die Ressourcen gut einteilen und einen Rahmen abstecken, wofür man zuständig ist.
Nicht zuletzt plädiert Kaineder für eine „Entzauberung“ der politischen Arbeit: „Politik heißt, sich über politische Inhalte zu unterhalten und zu diskutieren, um etwas Gutes für die Menschen zu entwickeln. Es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger. Man muss nicht perfekt sein, vieles ergibt sich im Tun.“
Frauen in der Politik, 5. 3., 19–21 Uhr, Haus der Frau, Anmeldungen erbeten unter 0732 66 70 26 oder hdf@dioezese-linz.at
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