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Was sind Ihre Schwerpunkte im schwierigen Kulturjahr 2021?
Margot Nazzal: Der zentrale Schwerpunkt unserer Arbeit ist alles, was mit den Folgen der Pandemie zu tun hat. Meine Mitarbeiter/innen und ich sind laufend in Kontakt mit Kunst- und Kulturschaffenden, um gemeinsam Möglichkeiten und Wege zu finden, wie Kunst- und Kulturschaffenden durch die Pandemie geholfen werden kann. Aber auch für die Kultureinrichtungen des Landes ist die Pandemie, wie für alle anderen, eine große Herausforderung. Seit Monaten sind wir im „Dauer-Umplanungsmodus“, der uns stark beansprucht. Natürlich bereiten wir darüber hinaus große Projekte vor: die Landesausstellung startet wie geplant im April 2021. Die Vorbereitungen laufen unter diesen Umständen unter sehr schwierigen Bedingungen, aber das Team ist voll dabei. ‚Schäxpir’, unser Theaterfestival für junges Publikum, findet glücklicherweise im Juni statt. Da haben wir aus heutiger Sicht berechtigte Hoffnung auf weniger Einschränkungen als jetzt, bereiten uns aber auch auf alle Eventualitäten vor. Und dann können wir uns heuer hoffentlich auf einen interessanten Kultursommer freuen.
Wie kommen freischaffende Künstler/innen in der Corona-Zeit über die Runden? Werden hier die Förderungen des Landes Oberösterreich angenommen? Wie erleben Sie die Stimmung?
Nazzal: Die derzeitige Situation ist für alle Kunst- und Kulturschaffenden enorm herausfordernd und belastend. Die fehlende Planungssicherheit zum Jahresstart macht allen zu schaffen. Das spiegelt sich auch in der Stimmung wider, die teilweise sehr angespannt ist, weil es auch um existentielle Fragen geht, die die Menschen unmittelbar betreffen. Da setzen wir alles daran, mit unseren Maßnahmen in Abstimmung mit jenen des Bundes helfen zu können. Die Förderungen werden auch durchaus in Anspruch genommen. Wir evaluieren laufend und arbeiten auch daran, wo wir etwas verbessern können. Hier beobachten wir ständig die Entwicklungen, um ein zielgerichtetes Programm anbieten zu können.
Wie sehen Sie die Rolle der Kirche in puncto Kulturland OÖ, Stichwort: Kirchen als kulturelle Nahversorger?
Nazzal: Die Kirchen haben hier eine wichtige Rolle, nicht nur weil sie mit den sakralen Räumen das Bild der Kulturlandschaft prägen. Die Kirche ist ein wesentlicher Pfeiler, nicht nur aus religiöser Sicht. Sie ist im kulturellen und künstlerischen Leben sehr wichtig, und das in einer großen Bandbreite, von der Denkmalpflege bis zur Chormusik. Nicht zu vergessen das umfassende Kunstgutinventar, wo für die Dokumentation kulturhistorischer Werte Wichtiges geleistet wurde und wird.
Die Kirche ist auch Teil von kulturellen Großprojekten wie der kommenden Landesausstellung in Steyr oder der Kulturhauptstadt 2024. Wie sagen Sie zu diesem Engagement?
Nazzal: Religionsgemeinschaften im Allgemeinen und Kirchen im Besonderen sind wesentlicher Teil des kulturellen Lebens. Ich freue mich über die gute Zusammenarbeit, die sich immer wieder nicht nur bei großen Projekten ergibt. Es gab mit Verantwortlichen der Kirche einen guten Austausch bei der Diskussion zum neuen Kulturleitbild des Landes, von Seiten des Landes arbeiten wir auch im Diözesankunstverein und vielen Projekten im Bereich der Denkmalpflege zusammen. Ich sehe hier wirklich einen offenen und laufenden Dialog auf vielen Ebenen.
Wie sehen Sie das Engagement der Diözese Linz im Bereich zeitgenössischer Kunst, besonders bei der Neugestaltung von Sakralräumen?
Nazzal: Das Kunstreferat der Diözese Linz leistet hier seit Jahren wegweisende Arbeit, was die Förderung zeitgenössischer Kunst und ihre Einbindung in den öffentlichen Raum betrifft. Hier sind mit großem Engagement herausragende Projekte verwirklicht worden, die zeigen, dass zeitgenössische Kunst Kraft und Kompetenz hat, in der heutigen Zeit Impulse zu geben.
Ein Taufbecken, das eine Geschichte erzählt, ein Kirchenraum, der mit den Menschen zu tun hat, die ihn betreten, eine Arbeiterstadt, die viele Berührungspunkte mit Kirche und Seelsorge hat: All das stellt Karl Ramsmaier ins Zentrum seiner Arbeit für die Landesausstellung 2021. Ramsmaier ist Religionislehrer in Steyr und hat für die Landesausstellung eine Teilanstellung der Diözese bekommen. Für das Rahmenprogramm hat er vier Projekte entwickelt. Dazu gehört auch die Erstellung einer Publikation über das Taufbecken in der Stadtpfarre Steyr aus dem Jahr 1569. Damals war Steyr protestantisch. Das Taufbecken ist nicht nur kunstgeschichtlich interessant, sondern auch theologisch. Es erzählt u. a. vom Sündenfall und der Erbsünde. Ramsmaier fragt nach: Wie hat man Erbsünde im Mittelalter verstanden, wie heute? Was bedeutete Taufe damals und heute? Neben der Publikation wird es im Kirchenraum einen Stationenbetrieb geben, der Besucher/innen einlädt, zu verweilen. Es geht um den „Erlebnisraum Kirche“, wie Ramsmaier sagt: „Die Kirche ist kein Museum, sondern ein Ort der Besinnung.“ Ein Dankbuch will Besucher/innen anregen, Danke zu sagen, aufliegende Bibeltexte sind „Wortnahrung“. Die Stationen wollen immer eine Verbindung zur Gegenwart schaffen. Wenn etwa bei einem Epitaph (Grabstein) in der Vorhalle haltgemacht wird, lässt sich fragen, welche historische Bedeutung das hat und wie die Verbindung zum Heute ist: An welchen Projekten baue ich? – Beim Kriegerdenkmal wird es eine Installation geben und am Platz vor der Michaelerkirche wird die Betriebsseelsorge vertreten sein. Ramsmaier hat zudem zur Arbeiterseelsorge geforscht: Der Jesuit P. Josef Meindl war hier ein Pionier und hat in der NS-Zeit unter schwierigsten Bedingungen gearbeitet. Sein Tun wieder ins Blickfeld zu rücken, ist Ramsmaier ein Anliegen. Auch dazu wird demnächst eine Publikation erscheinen.
„Arbeit. Wohlstand. Macht.“ ist der Titel der kommenden Landesausstellung. Sie soll von 24. April bis 7. November stattfinden, so es die Corona-Lage zulässt. Nicht nur einzelne Ausstellungen im Museum Arbeitswelt oder dem Innerberger Stadel werden gezeigt, sondern die ganze Stadt wird bespielt. Industrie, Adel und Arbeiterschaft sind die Eckpunkte, an denen der Aufstieg und Fall der Stadt Steyr nachvollziehbar gemacht wird.
Kirche im öffentlichen Raum sichtbar zu machen und kirchliche Schätze in ein neues Licht zu rücken: Das ist ein Ziel der Anstellung von Teresa Kaineder. Sie hat ihre Zelte bereits in Bad Ischl aufgeschlagen und arbeitet in der Region mit 23 Pfarren zusammen. Es gibt eine Ideen-Werkstatt zur Kulturhauptstadt. Momentan ist Netzwerken und Kennenlernen angesagt, was in Corona-Zeiten nicht immer einfach ist, wie Kaineder berichtet.
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