Otto Friedrich ist Religionsjournalist, er war bis April 2024 stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Furche“.
Die Witwe machte aus der Handvoll Mehl ein kleines Gebäck und brachte es zu Elija heraus.
In jenen Tagen machte sich der Prophet Elíja auf und ging nach Sarépta. Als er an das Stadttor kam, traf er dort eine Witwe, die Holz auflas. Er bat sie: Bring mir in einem Gefäß ein wenig Wasser zum Trinken!
Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach: Bring mir auch einen Bissen Brot mit! Doch sie sagte: So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts mehr vorrätig als eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf und gehe dann heim, um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten. Das wollen wir noch essen und dann sterben.
Elíja entgegnete ihr: Fürchte dich nicht! Geh heim und tu, was du gesagt hast! Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck und bring es zu mir heraus! Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten; denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet. Sie ging und tat, was Elíja gesagt hatte. So hatte sie mit ihm und ihrem Haus viele Tage zu essen. Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der Herr durch Elíja versprochen hatte.
Christus wurde ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinwegzunehmen.
Christus ist nicht in ein von Menschenhand gemachtes Heiligtum hineingegangen, in ein Abbild des wirklichen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor Gottes Angesicht zu erscheinen für uns; auch nicht, um sich selbst viele Male zu opfern, wie der Hohepriester jedes Jahr mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht; sonst hätte er viele Male seit der Erschaffung der Welt leiden müssen.
Jetzt aber ist er am Ende der Zeiten ein einziges Mal erschienen, um durch sein Opfer die Sünde zu tilgen. Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt, so wurde auch Christus ein einziges Mal geopfert, um die Sünden vieler hinwegzunehmen; beim zweiten Mal wird er nicht wegen der Sünde erscheinen, sondern um die zu retten, die ihn erwarten.
Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern.
In jener Zeit lehrte Jesus eine große Menschenmenge und sagte: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben.
Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet. Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern.
Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.
Immer wieder berichten die Evangelien von Auseinandersetzungen Jesu mit den jüdischen Frommen und den Theologen seiner Zeit. Jesus tut dies oft mit klaren Worten und harscher Kritik, so wie die Propheten dem Volk Israel den Spiegel vorgehalten haben.
Schon in den ersten Jahrhunderten begannen Kirchenväter und andere christliche Theologen jedoch, aus diesen Auseinandersetzungen zu folgern, dass die Juden als Volk von Gott verworfen seien; und sie beschuldigten „die Juden“, für den Tod Jesu verantwortlich zu sein. Die Geschichte der christlichen Judenfeindschaft zieht sich über Jahrhunderte und bereitete den Boden für den Antisemitismus, der schließlich zur Judenvernichtung der Nationalsozialisten führte. Rund um den 9. November, dem Jahrestag der Novemberpogrome 1938, steht es Christinnen und Christen an, sich dieser schuldhaften Verstrickung ihrer Vorgänger im Glauben zu stellen. In der katholischen Kirche gelang es erst 1965 auf dem II. Vatikanischen Konzil, dem christlichen Antijudaismus abzuschwören.
Das bedeutet auch, die Evangelien niemals als gegen „die Juden“ gerichtet zu verstehen. Die vorliegende Markusstelle bietet da Anschauungsmaterial: Denn Jesus tritt hier wieder gegen Gelehrte seiner Zeit auf, die in ihrem Habitus über anderen Menschen wie einer einfachen Witwe zu stehen vermeinen. Doch nicht gegen „die Juden“ spricht Jesus an, sondern gegen Menschen, die andere ihren Dünkel und ihren Hochmut spüren lassen. Solche Menschen finden sich bis heute genauso unter Christen. Die Scheinheiligkeit, die Jesus anprangert, ist anno 2024 so verbreitet wie vor 2.000 Jahren. Christinnen und Christen müssen sich befragen lassen, warum das auch bei ihnen immer noch so ist.
Otto Friedrich ist Religionsjournalist, er war bis April 2024 stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Furche“.