Andrea Geiger ist Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.
Das Ohr geöffnet für die göttliche Botschaft. Wohin führt sie mich angesichts von Gewalt und Leid?
Gott, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich höre, wie Schüler hören. Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück. Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen, und meine Wange denen, die mir den Bart ausrissen. Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel. Und Gott, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden. Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel; ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.
Keine Herrschaft mit überirdischer Macht, sondern radikale Menschwerdung macht Jesus zum König, vor dem alle ihr Knie beugen. Sich daran zu orientieren, dazu ermahnt Paulus die Gemeinde.
Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: „Jesus Christus ist der Herr“ – zur Ehre Gottes, des Vaters.
Der Einzug in Jerusalem beginnt wie ein Spiel, dessen Drehbuch aus dem Buch Sacharja stammt: „Siehe dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin.“(Sach 9,9).
In jener Zeit ging Jesus nach Jerusalem hinauf. Und es geschah: Er kam in die Nähe von Bétfage und Betánien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her!
Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es. Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los? Sie antworteten: Weil der Herr es braucht. Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus.
Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.
Der sogenannte Philipper-Hymnus ist für mich wahrscheinlich einer der schönsten und wichtigsten Texte des Neuen Testamentes jenseits der Evangelien. Es ist ein Lied, ein Glaubensbekenntnis, vor allem aber ein „lifestyle“. Paulus schreibt so etwas wie eine Einleitung zu diesem Text, der nicht Teil der heutigen Lesung ist, in seinem Brief an die Gemeinde von Philippi.
Und damit auch an uns: „Wenn es also eine Ermahnung in Christus gibt, einen Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, ein Erbarmen und Mitgefühl, dann (…) seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht:“ (Phil 2, 1–5) Die Einleitung endet mit einem Doppelpunkt.
Es geht nicht einfach nur darum Gott zu ehren, ihn hochleben zu lassen. – Und die Menschen rundherum sind mir egal … – die nahen wie die fernen. Es ist keine Theorie.
Woran wird meine Nachbarin, mein Arbeitskollege, meine Familie erkennen, dass ich Christin bin? Woran erkennt die Welt Christen und Christinnen, die ganze Kirche?
Vielleicht daran, dass wir einander in Liebe verbunden sind, einmütig, einträchtig, dass wir nichts aus Streitsucht und nichts aus Prahlerei tun. Sondern in Demut schätzt einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achtet nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Sind wir untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht?
Wir schauen heute auf das Kreuz von Jesus, weil wir uns auf seine Auferstehung verlassen können. Es bleibt die größte Frage unseres Glaubens. An diesem Punkt unterscheidet sich alles: Ist Jesus ein großartiger Mensch, ein radikaler Spinner, der Sohn des Allmächtigen, mein Erlöser, …? Ein Gefühl, eine Theorie, eine Theologie? Oder eben Beziehung, eine tragfähige Liebesbeziehung, die die unbegreifliche Hoffnung neuen Lebens in sich birgt.
Andrea Geiger ist Projektassistentin im Pastoralamt der Katholischen Kirche Vorarlberg.