Theologin, Referentin für Jugendspiritualität bei der Katholischen Jugend
Oberösterreich. Die Autorin erreichen Sie unter: sonntag@koopredaktion.at
In jenen Tagen weidete Mose die Schafe und Ziegen seines Schwiegervaters Jitro, des Priesters von Midian. Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Er schaute hin: Der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. Mose sagte: Ich will dorthin gehen und mir die außergewöhnliche Erscheinung ansehen. Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht? Als der Herr sah, dass Mose näher kam, um sich das anzusehen, rief Gott ihm mitten aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Er sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. Dann fuhr er fort: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid. Ich bin herabgestiegen, um es der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.
Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen sagen? Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin, der ich bin. Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt. Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer und so wird man mich anrufen von Geschlecht zu Geschlecht.
Ihr sollt wissen, Brüder und Schwestern, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren, alle durch das Meer zogen und alle auf Mose getauft wurden in der Wolke und im Meer. Alle aßen auch die gleiche geistgeschenkte Speise und alle tranken den gleichen geistgeschenkten Trank; denn sie tranken aus dem geistgeschenkten Felsen, der mit ihnen zog. Und dieser Fels war Christus. Gott aber hatte an den meisten von ihnen kein Gefallen; denn er ließ sie in der Wüste umkommen. Das aber geschah als warnendes Beispiel für uns: damit wir uns nicht von der Gier nach dem Bösen beherrschen lassen, wie jene sich von der Gier beherrschen ließen.
Murrt auch nicht, wie einige von ihnen murrten; sie wurden vom Verderber umgebracht! Das aber geschah an ihnen, damit es uns als Beispiel dient; uns zur Warnung wurde es aufgeschrieben, uns, die das Ende der Zeiten erreicht hat. Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt.
Zu jener Zeit kamen einige Leute und berichteten Jesus von den Galiläern, deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte. Und er antwortete ihnen: Meint ihr, dass diese Galiläer größere Sünder waren als alle anderen Galiläer, weil das mit ihnen geschehen ist? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden – meint ihr, dass sie größere Schuld auf sich geladen hatten als alle anderen Einwohner von Jerusalem? Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt. Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Winzer: Siehe, jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen? Der Winzer erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen!
Die Handlungspersonen des Sonntagsevangeliums ereilt eine Schreckensnachricht. Diese unfassbaren und verunsichernden Ereignisse damit zu erklären, dass die Umgekommenen selber schuld gewesen wären, weil sie größere Sünde auf sich geladen, und somit einen solchen Tod verdient hätten, könnte da beruhigen. Jesus stellt sich gegen eine solche Selbstberuhigung. Keiner ist frei von Schuld. Vielmehr bedürfen alle der Umkehr. An diesen Todesopfern ist im Grunde genommen exemplarisch deutlich geworden, was jedem Menschen blüht. Schicksalsschläge wie der Tod können einen jederzeit überraschen. Jesus appelliert leidenschaftlich dafür, die Chance des Augenblicks zu nützen, um einen Richtungswechsel einzuschlagen, bevor die Zeit abgelaufen ist. Das Gleichnis vom Feigenbaum, der keine Früchte getragen hat, verdeutlicht die Umkehrforderung mit Nachdruck. Der Winzer handelt zwar eine Gnadenfrist aus, aber es gibt auch ein Zuspät.
Wie tragfähig eine Lebensweise ist, lässt sich vor der Hintergrundfolie der Begrenztheit des menschlichen Lebens mitunter gut beurteilen. Die Schärfe der Worte Jesu ist aus dem früh-christlichen Kontext der Erwartung des nahenden Gerichtes Gottes her zu verstehen und hat gewiss wenig damit zu tun, einem das Leben zu verderben. Wir können sie als eindringliche Ermutigung begreifen, das Beste aus dem eigenen Leben zu machen, damit es ein erfülltes ist. Das erfordert immer wieder auch, lebensmindernde Gewohnheiten und Lasten abzulegen – wie auch Mose es mit seinen Schuhen tat, bevor er den „heiligen Boden“ betrat –, um Raum schaffen zu können für das Heilige im eigenen Leben.
Sich die Frage zu stellen, wo es in meinem Leben einer (radikalen) Änderung bedarf, könnte eine Anregung sein für die verbleibenden Tage der Fastenzeit. Welche Schuhe mitsamt dem Schmutz, der an ihnen haftet, möchte ich ablegen?
Theologin, Referentin für Jugendspiritualität bei der Katholischen Jugend
Oberösterreich. Die Autorin erreichen Sie unter: sonntag@koopredaktion.at