Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch
Den Autor erreichen Sie unter sonntag@koopredaktion.at
Mein Sohn, bei all deinem Tun bleibe bescheiden und du wirst geliebt werden von anerkannten Menschen! Je größer du bist, umso mehr demütige dich und du wirst vor dem Herrn Gnade finden! Denn groß ist die Macht des Herrn, von den Demütigen wird er gerühmt. [...] Es gibt keine Heilung für das Unglück des Hochmütigen, denn eine Pflanze der Bosheit hat in ihm Wurzel geschlagen. Das Herz eines Verständigen wird einen Sinnspruch überdenken und das Ohr des Zuhörers ist die Sehnsucht des Weisen.
Ihr seid nicht zu einem sichtbaren, lodernden Feuer hinzugetreten, zu dunklen Wolken, zu Finsternis und Sturmwind, zum Klang der Posaunen und zum Schall der Worte, bei denen die Hörer flehten, diese Stimme solle nicht weiter zu ihnen reden. [...] Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hinzugetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind, und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten, zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus.
Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau. [...] Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen: Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.
Bild: Gemeinsamer Tisch. Am Mittwoch vergangener Woche trafen sich in Lindau am Bodensee die Delegierten der Vollversammlung der „Religions for Peace“ gemeinsam mit Stadtbewohner/innen an einer langen „Tafel zwischen den Kirchen“, um gemeinsam zu essen und miteinander zu reden.
Das heutige Evangelium hält das Vergrößerungsglas über die eigenen Verhaltensmuster und wirft die Frage auf, wie es so ausschaut mit der eigenen Bescheidenheit. Wie steht es um meine Selbstgefälligkeit? Womit gebe ich gerne an? Wie möchte ich von anderen gesehen werden?
Als junger Journalist war ich einmal zu Interviews bei einer prominent besetzten Arbeiterkammerversammlung geladen. Ich war blutjung in diesem Beruf und kannte keinen der anwesenden Gäste. Wenngleich ich nicht schüchtern bin, tat ich mir recht schwer, mit den vielen wildfremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Nur einzelne Personen nahmen mich überhaupt wahr. Für die meisten war ich Luft. Das änderte sich schlagartig, als ich das ORF-Mikrofon aus meiner Tasche zog und damit durch die Reihen lief. Ich staunte nicht schlecht, wie sich die Kontaktbereitschaft und das Interesse an meiner Person von der einen auf die andere Minute veränderten. Plötzlich wurde ich in die erste Reihe gebeten. Man hatte mich bemerkt und empfangen - einen gern gesehenen Gast. Aber war ich das wirklich? In der Rolle des Journalisten wurde ich begrüßt, so wie man Journalisten eben willkommen heißt. Mit mir als Person hatte das noch nichts zu tun. Das gab und gibt mir bis heute zu denken.
In der ersten Lesung werden wir heute ermahnt, denn einem gottesfürchtigen Menschen soll es nicht passieren, dass ihm seine Rolle zu Kopf steigt: „Mein Sohn, bei all deinem Tun bleibe bescheiden und du wirst geliebt werden von anerkannten Menschen!“
Gehe mit einem wachsamen Blick durch den Tag. Wer wartet darauf, von dir wahrgenommen, angesprochen und begrüßt zu werden? Prüfe dich in deiner Dienstbereitschaft und Gastfreundschaft.
Pastoralamtsleiter der Diözese Feldkirch
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