Kommen Sie mit von Kloster zu Kloster und erfahren Sie mehr über exklusive Köstlichkeiten. Wir lassen uns erzählen, wo es richtig gut schmeckt.
„Autsch!“ Das war eine Bremse. Das Insekt hat mich gebissen. Schwester Priska ist alarmiert: „Wir haben etwas dagegen“, ruft sie ihrer Mitschwester Marcellina zu, „sofort Naturheilkunde!“ Sie bringen mir sogleich einen Balsam-Stift mit Spitzwegerich-Extrakt. Ich trage ein wenig auf die mittlerweile gerötete Stelle auf. Ein paar Sekunden später ist der Schmerz vergangen. Der Insektenbiss ist kaum mehr zu sehen. Spitzwegerich hat entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung. „Sie können auch einfach ein Blatt einrollen, zerquetschen und den Saft auf die Haut auftragen“, erklärt Schwester Priska, „das hilft gegen den Juckreiz, und auch bei Brennnessel-Kontakt.“
Wir stehen im Garten des ältesten Klosters von Vorarlberg, am Stadtrand von Bludenz, dort, wo der Zug aus Wien in einem Bogen in die Stadt einfährt. „Seit fast 800 Jahren wird hier gebetet“, sagt Schwester Priska stolz.
Der Klostergarten ist ein blühendes Paradies mit unzähligen Kräutern und Heilpflanzen – und einem monumentalen Mammutbaum. „Vor hundert Jahren war der Baum halb so hoch wie das Kloster. Das sieht man auf alten Bildern“, erzählt Schwester Marcellina. Auf mich wirkt der Baum fast doppelt so hoch wie das Gebäude. Er sei gepflanzt worden, als eine „wichtige Persönlichkeit“ das Kloster besuchte, berichtet die Schwester, das könne man in den historischen Aufzeichnungen nachlesen.
Schwester Priska Füglistaler ist die Leiterin des Klosters. Alle Schwestern kommen aus dem Schweizer Kloster Cazis in Graubünden. Von dort hat das Kloster in Bludenz immer wieder Verstärkung erhalten. Sowohl Schwester Priska als auch Schwester Marcellina Bihr haben mehrere Ausbildungen in Kräuterkunde absolviert – „esoterik-frei“, betonen sie, also ohne „Geheimwissen“.
Die dritte Expertin in St. Peter heißt Christa Schalberger, sie ist keine Ordensfrau, sondern eine Familiarin des Klosters, sie gehört sozusagen zur Familie. Christa wusste bereits mit 14 Jahren, dass sie Drogistin werden wollte. Mittlerweile ist sie pensioniert und sagt: „Was mich fasziniert, ist die Heilkraft, die Gott in seine Schöpfung gelegt hat.“
Es ist elf Uhr Vormittag und die Sonne scheint – die beste Zeit, um zu ernten: Handvollweise wandern gelbe Johanniskrautblüten in die Schürzentaschen von Schwester Marcellina. Wir sind umgeben von unüberschaubar vielen Pflanzen mit sprechenden Namen. Die drei Frauen wissen offenbar genau, wofür oder wogegen jedes Kraut wirkt: Franzosenkraut und Kapuzinerkresse, Muskatellersalbei und Mariendistel, Mädesüß und Wilde Malve, Königskerze und Engelwurz. Mal schmeckt es bitter, mal säuerlich, mal nach gar nichts. Schwester Priska kostet hier eine Blüte und dort ein Blättchen, und ermutigt mich, es ebenso zu tun. Aber sie mahnt auch zur Verantwortung, holt ihr Smartphone aus der Tasche und zeigt mir ihre App zur Erkennung der Pflanzen: „Man muss wissen, was man isst.“
Ob Kopfweh, Halskratzen oder Völlegefühl – die drei Frauen haben ein Kraut dagegen oder sie wissen, was man vorbeugend tun kann. „Das Beste an der Naturheilkunde ist, dass sie kaum Nebenwirkungen oder Gewöhnungseffekte hat“, weiß Schwester Priska und ergänzt: „Der liebe Gott schützt uns aber auch.“
Ihr Wissen geben die drei Frauen an den „St. Peter Kräutertagen“ weiter. Vom Frühling bis zum Spätherbst laden sie zu Workshops ein, an denen man erfährt, was die Natur gerade zu bieten hat – von den ersten Kräutern über Sommersalate bis zu Winter-Chutneys. Für Übernachtungsgäste stehen großzügige Zimmer im komplett renovierten Klostergebäude aus dem frühen 18. Jahrhundert bereit. „Wir wollen, dass sich die Menschen bei uns eine Auszeit nehmen können“, sagt Schwester Priska und öffnet die Tür zu einem Gästezimmer mit schlichtem Holzboden und barocken Kreuzstockfenstern. „Sie werden hier gut schlafen, denn unser Haus ist auf Fels gebaut“, sagt sie schmunzelnd – in Anspielung auf den Klosternamen St. Peter (Petrus ist auf Latein der Fels).
Zum Schluss wartet auch auf mich etwas zum Ausprobieren. Die drei Kräuterfrauen führen mich ins Reich der Sirupe und Limonaden. In gold-gelben und rosa Farbtönen leuchten die Flaschen mit den Auszügen aus Rose, Lavendel, Zitronenverbene, Quitten oder Waldmeister. Gerade am Fertigwerden ist der Sirup aus Apfelminze. Man nehme: zwei Handvoll frische Blätter pro Liter Zuckerwasser (1:1), etwas Zitronensäure und – das ist das Entscheidende – einen Teelöffel Vanillezucker. Das Ganze 24 Stunden ansetzen, abseihen, erhitzen (nicht kochen!) und in Flaschen füllen. Minze ist eine der ältesten Heilpflanzen der Menschheit, sie wirkt beruhigend und verdauungsfördernd und hat zahlreiche Untersorten. Die Apfelminze hat runde Blätter, enthält weniger Menthol und ist daher besonders mild. Übrigens, auch aus Brennnesseln kann man einen zartrosa Sirup zubereiten. Die richtige Zeit dafür ist das Frühjahr. Aber Vorsicht beim Pflücken! Und wenn die feinen Härchen doch einmal die Haut berühren, dann weiß ich nun, was zu tun ist: einfach ein Spitzwegerich-Blatt zerquetschen und mit dem Saft die brennende Stelle benetzen.
Himbeer-Rosen-Bellini, alkoholfrei
Zutaten
300 Gramm reife Pfirsiche
300 Gramm Himbeeren
400 ml gekühltes Wasser
3–5 Teelöffel Himbeersirup
3–5 Teelöffel Rosensirup
Zubereitung
Pfirsiche und Himbeeren mit Wasser fein pürieren und durch ein Sieb streichen. Mit etwas Himbeer- und Rosensirup (je nach Süße der Früchte) vermischen und mit einem Schuss Mineralwasser aufgießen. Vorsichtig, es schäumt! Statt Mineralwasser kann man auch Prosecco nehmen.
Kräutersirupe trinkt man mit kühlem Wasser oder Soda verdünnt. Lavendelsirup passt auch gut mit Prosecco aufgespritzt. Apfelminzsirup schmeckt in Milch- oder Kokosgetränken. Mit Rosensirup lässt sich eine Variante des venezianischen Pfirsich-Drinkklassikers Bellini zaubern.
Inspiriert von Eva Derndorfer, Elisabeth Fischer: „Alkoholfreie Drinks“, Verlag Brandstätter, 184 Seiten, 100 Abbildungen, Hardcover € 28,–; E-Book € 21,99
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