Wort zum Sonntag
Die Europawahlen finden – nach Ländern unterschiedlich – vom 6. bis 9. Juni statt. Rund 360 Millionen Bürgerinnen und Bürger in den 27 EU-Staaten entscheiden mit ihrer Stimme über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. In Österreich wird am Sonntag, 9. Juni, gewählt.
Die Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich rufen zur Teilnahme an der Europawahl auf. „Die Wahlen zum Europäischen Parlament finden in einer Zeit statt, in der an den Grenzen der EU Krieg herrscht und das Recht auf freie und faire Wahlen keine Selbstverständlichkeit ist“, halten sie fest. Vor diesem Hintergrund sind alle aufgerufen, „ihr Stimmrecht am 9. Juni auszuüben und sich bewusst auf diese bedeutende Wahl vorzubereiten“.
„Das wichtigste Ziel der Europäischen Union ist es, Frieden zu schaffen und zu sichern“, steht im Aufruf der Kirchen und Religionsgesellschaften. „Friede ist in allen Religionen ein zentraler Wert. Wo wahrer Friede herrscht, da ist die Würde des Menschen gewahrt, da gelten die Menschenrechte und das Recht auf Religionsfreiheit. Der friedliche Wettstreit und die vertrauensvolle Kooperation sind es, die das Gemeinwohl fördern und Lösungen für die großen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fragen der Zeit finden können.“
Getragen wird der Aufruf von der katholischen, evangelischen, methodistischen und altkatholischen Kirche, den orthodoxen und orientalischen Kirchen sowie den Freikirchen. Auch die israelitische und die buddhistische Religionsgesellschaft, die islamische und alevitische Glaubensgemeinschaft sowie die Mormonen und die neuapostolische Kirche haben ihn unterzeichnet.
Kirchliche Organisationen haben im Vorfeld der Wahl Fragen an die Kandidierenden der verschiedenen Parteien gesendet, um für Wählerinnen und Wähler, denen christliche Werte und Positionen ein Anliegen sind, eine Entscheidungshilfe zu bieten. Antworten gesammelt haben zum Beispiel der Katholische Laienrat und der Katholische Familienverband.
Der Laienrat bat die österreichischen Parteien unter anderem um ihre Position zu den Fragen von Asyl und Migration. SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder meint dazu: „Asyl ist ein Menschenrecht. Wer aus seiner Heimat flüchtet, muss in einem demokratischen Europa ein faires Verfahren bekommen.“ Aus Sicht der sozialdemokratischen Fraktion brauche es eine solidarische Verteilung von Asylberechtigten, eine Kooperation auf Augenhöhe mit Ländern im Nahen Osten und afrikanischen Ländern, aktive Rechtsdurchsetzung auf EU-Ebene, EU-Asylum-Centers, in denen Asylanträge außerhalb Europas gestellt und bearbeitet werden können, um legale Flucht zu ermöglichen und irreguläre Migration im Vorhinein zu unterbinden, so Schieder: „Wir wollen die Asyldebatte versachlichen und auf Lösungen fokussieren.“
Im Gegensatz dazu möchte Harald Vilimsky von der FPÖ jedes Recht auf Asyl abschaffen. „Einzig und allein eine effektive Grenzsicherung, Betreuungszentren nur noch außerhalb Europas, die Abschiebung von allen Personen mit negativem Bescheid sowie generell kein Asyl mehr für Personen von außerhalb Europas auf europäischem Boden müssen das Ziel sein.“
Der VP-Abgeordnete Lukas Mandl, der im Innenausschuss des Europaparlaments das aktuelle EU-Asylpaket mitverhandelt hat, ist mit dem Ergebnis des „Migrationspakts“ zufrieden. „Mit schnelleren Asylverfahren kann es nun gelingen, dass Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, aber nicht über Asylrecht verfügen, nicht wertvolle Lebenszeit verlieren.“ Mit dem Kampf gegen die Schlepperkriminalität werde es gelingen, „dass sich weniger Menschen, vor allem wenn sie kein Asylrecht haben, auf den Weg machen, auf dem sie vielfach nicht nur Lebenszeit verlieren, sondern auch ihre Vermögen und vielfach ihre Leben“, so Mandl.
Thomas Waitz antwortet für die Grünen, dass legale Fluchtwege die beste Lösung seien, „um jenen Menschen auf sicherem und geordneten Weg Schutz zu gewähren, die ihn am dringendsten brauchen, und gleichzeitig Menschenhandel und Ausbeutung effektiv zu bekämpfen“. Die Grünen würden daher den Ausbau bestehender legaler Fluchtwege fordern. Zugleich setze man sich für die Erarbeitung einer umfassenden EU-Migrationsstrategie und für den Ausbau praxistauglicher Arbeitsmigrationswege ein.
Alle 16 Fragen sind mit den jeweiligen Antworten auf der Website des Laienrats unter www.laienrat.at zu finden. Antworten der Parteien NEOS, KPÖ und DNA finden sich dort nicht.
Der Katholische Familienverband befragte im Blick auf die EU-Wahl die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien zu Familienthemen. Geantwortet haben für die ÖVP Reinhold Lopatka, für die SPÖ Andreas Schieder, für die FPÖ Harald Vilimsky, für die Grünen Lena Schilling, für NEOS Helmut Brandstätter sowie für die KPÖ Günther Hopfgartner und für DNA Maria Hubmer-Mogg. Konkret geht es um familienpolitischen Handlungsbedarf auf EU-Ebene, Leihmutterschaft, Kinderbetreuung oder notwendige Maßnahmen, um den Menschen in Europa wieder Mut zu Kindern zu machen. Alle Antworten sind auf der Website des Familienverbands unter www.familie.at nachzulesen.
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Für mehr als die Hälfte der Menschen in Österreich ist die Migrations- und Asylpolitik der EU das dringlichste politische Thema, noch vor Armut und Sicherheit.
Die Umfrage wurde von market im Mai 2024 im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik durchgeführt.
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