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24 Frauen wurden dieses Jahr bereits in Österreich ermordet. Zudem gab es 39 Fälle von schwerer Gewalt an Frauen. Es brauche ein gesellschaftliches Umdenken und mehr Schutz für die Betroffenen, mahnen die Frauenkommission der Diözese Linz, die Katholische Frauenbewegung OÖ (kfb) und die Katholische Männerbewegung OÖ (kmb) anlässlich der jährlichen Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“.
Leider wird die Schuld für eine Tat oft auch bei den Opfern gesucht. Es fallen dann Sätze wie „Was hatte sie denn an?“ oder „Sie hätte ja einfach gehen können“. Solche Aussagen treffen Magdalena Welsch sehr. Sie ist Frauenbeauftragte und Referentin für Gleichstellung bei der Frauenkommission der Diözese Linz: „Gewalt geschieht in den meisten Fällen durch Männer, die zu den Frauen ein Näheverhältnis haben oder hatten, oft sind die Frauen finanziell von ihnen abhängig. Der gefährlichste Ort für eine Frau ist ihr Zuhause. Da ist Weggehen nicht so einfach. Vor allem aber wird mit solchen Aussagen auf perfide Art die Verantwortung verschoben. Männer sind doch keine triebgesteuerten Ungeheuer, sie treffen Entscheidungen mit ihrem freien Willen.“
Zum Auftakt der „16 Tage“ findet am internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November eine Aktion des „Bündnis 8. März“ statt. Dabei stellen sich Frauen in weißen Kutten und mit weißen Gesichtern maskiert auf der Nibelungenbrücke auf, je eine stellvertretend für eine der bisher heuer in Österreich ermordeten Frauen. Magdalena Welsch wird auch dabei sein: „Wenn ich Zahlen in einer Zeitung lese, vergesse ich den Sachverhalt möglicherweise schnell wieder. Wenn ich konkrete Personen sehe, die gemeinsam etwas tun, bleibt das Thema viel besser hängen. Wir machen das Leben und Sterben von Frauen in Österreich sichtbar. Jede dieser Frauen hatte eine Familie, hat Freundschaften gepflegt, hatte Wünsche und Ziele im Leben.“
Gewaltberater und Tätertherapeut Josef Hölzl spricht sich klar gegen eine „Vermonsterung“ von Männern aus, die ein Gewaltproblem haben oder hatten: „Es mag stimmen, dass viele (nie alle) Männer sich schwerer tun im Ausdruck und Kommunizieren mit Gefühlen, es mag auch stimmen, dass mehr Männer als Frauen sich schwerer tun im Umgang mit Konflikten im emotionalen Nahraum, der Partnerschaft, der Familie.“ Erwähnt werden müsse, dass viele Männer, auf die das zutreffe, trotzdem nicht gewalttätig seien.
Je selbstverständlicher das Problem thematisiert werde, desto weniger würden sich Männer gleich mit Vorwürfen konfrontiert fühlen, sagt Hölzl: „Darüber reden hilft insofern, dass klar wird, wir wollen das nicht, denn auch viele Männer wollen das nicht.“ Vorbilder seien in diesem Kontext wichtig, in der Familie, im gesellschaftlichen Nahraum und von Männern, die im öffentlichen Leben bekannt werden.
„Leider sind in vielen Positionen Männer ganz oben und haben diese Thematik wahrscheinlich wenig im Bewusstsein. Und wenn ein Spitzenpolitiker in Oberösterreich sein Amt zurücklegt, weil er sonst befürchten muss, den Kontakt zu den Kindern zu verlieren, so ist das auch ein Statement für ein gewaltfreies Leben“, sagt Hölzl. Aus der Forschung wisse man, dass in Partnerschaften und Familien, wo die Care-Arbeit besser aufgeteilt ist, das Gewaltrisiko eklatant zurückgehe. Das heiße aber nicht, dass viel arbeitende oder Männer in Führungspositionen per se gewaltbereiter seien.
gewaltfreie Strukturen
Die letzten Jahre haben in Sachen Gewaltschutz auch Verbesserungen gebracht, stellt Eva Schuh vom Gewaltschutzzentrum OÖ fest: „Seit September gibt es verpflichtend sechs Stunden Beratung für Gefährder:innen nach einem Betretungs- und Annäherungsverbot. Auch ist es nun fast immer die Regel, dass professionelle Übersetzer:innen (für Frauen, die schlecht Deutsch sprechen und z. B. eine Anzeige machen, Anm.) bei der Polizei bestellt werden. Vor allem in der Justiz können die Fortbildungen noch ausgebaut werden.“ Von medialer Seite wünscht sich Schuh etwa, dass „auf die Ursachen des patriarchalen Systems, von Besitz und Machtdenken hingewiesen wird, und zwar nicht nur bei Migranten. Das herrscht bei Österreichern noch genauso vor.“ Es sei notwendig, genau hinzusehen und aktiv zu werden, sagt Magdalena Welsch. Mit Josef Hölzl ist sie sich einig, dass sowohl im Großen als auch im Kleinen gewaltfreie Strukturen geschaffen werden müssen: in der Gesetzgebung, am Arbeitsplatz, in der Kirche. „Im Kleinen heißt es, diskriminierende Aussagen und Taten nicht stehen zu lassen, sondern sich klar davon abzugrenzen“, sagt Welsch.
Veranstaltungen in Linz am 25. november zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen
12 Uhr: Das Frauenbüro der Stadt Linz hisst traditionell am Hauptplatz eine Fahne als sichtbares Zeichen.
13 Uhr: Aktion des „Bündnis 8. März“ – Frauen stellen sich in weißen Kutten auf der Nibelungenbrücke auf. Jede steht jeweils für eine 2024 in Österreich ermordete Frau.
17 Uhr: Eröffnung einer Ausstellung von Anna Pech im Haus der Frau über strukturelle Zusammenhänge zwischen häuslicher Gewalt, Online-Misogynie und Victim Blaming.
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