Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
Nach Jahrzehnten der Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten einigte man sich 1555 im Augsburger Religionsfrieden auf den Grundsatz „cuius regio, eius religio“ (wessen Herrschaft, dessen Religion). Dies bedeutete, dass der Landesherr die Religion bestimmte.
Obwohl Oberösterreich zu etwa 80 Prozent evangelisch war, befahl Ferdinand I. (der spätere Kaiser) daher die Rückkehr der Bevölkerung zum katholischen Glauben. Wer sich nicht fügte, hatte das Recht, gegen Zahlung einer Abzugssteuer auszuwandern. Unter diesen „Exulanten“ (Verbannte) waren Adelige wie die Jörger, vor allem aber Handwerker und Bauern, deren Abwanderung sich auch wirtschaftlich negativ auswirkte. Um die Protestanten zurückzugewinnen, wurde der Kapuzinerorden ins Land gerufen, der 1606–12 in Linz eine erste, ganz auf die Predigt ausgerichtete Kirche errichtete. Es folgten Klöster in Wels, Gmunden und Ried im Innkreis.
Die Hauptträger der katholischen Reform („Gegenreformation“) waren aber die Jesuiten. Der Orden wurde 1534 durch Ignatius von Loyola gegründet und bereits 1551 von Ferdinand I. nach Wien berufen. Wie Luther setzte sich auch Ignatius vor allem für eine persönliche Christusbeziehung ein. Dem Orden oblag die religiöse Erneuerung im Sinne des Konzils von Trient, das den endgültigen Trennungsstrich zwischen den Konfessionen zog.
In Steyr, der einstigen „Hochburg“ des Protestantismus, musste die Stadt 1630 elf Häuser samt dem Bürgerspital den Jesuiten überlassen, die hier mit Unterstützung der Grafen Lamberg an prominenter Stelle eine Residenz und ein Gymnasium errichteten. Dies zeigt, welch große Bedeutung die Erziehung der Jugend im Sinne des aus damaliger Sicht „rechten“ Glaubens zukam. Ab 1635 bauten sie die bestehende Michaelerkirche. Das Patrozinium war programmatisch, da der Erzengel als Kämpfer gegen die Abtrünnigen galt.
Der weithin sichtbare Bau ist eine Wandpfeilerkirche, deren Vorbilder die Jesuitenkirchen in Rom (Il Gesù) und München (St. Michael) waren. Für Österreich war der als protestantische Kirche erbaute Klagenfurter Dom richtungsweisend. Der Typus fand in Oberösterreich in den Klosterkirchen von Linz (Jesuiten), Garsten (Benediktiner), Schlierbach (Zisterzienser) und St. Florian (Augustiner-Chorherren) seine Vollendung. Er verdankt seinen Namen den mächtigen, quer gestellten Pfeilern, die das breite Gewölbe des Langhauses tragen. Zwischen ihnen sind Seitenkapellen mit Altären eingefügt.
Diese waren notwendig, um die vielen Messstiftungen erfüllen zu können. Die Fenster in den darüberliegenden Emporen sorgen für indirektes Licht. Die große Empore mit der Orgel erinnert daran, wie wichtig die Musik im katholischen Gottesdienst ist. In Steyr erhielt der klar gegliederte Raum erst 1763–71 seine jetzige spätbarocke Ausstattung.
Niemand ahnte, dass jener Orden, der so wesentlich zum Wiedererstehen der katholischen Kirche beigetragen hatte, wenig später, 1773, vom Papst(!) aufgehoben und erst 1814 neu gegründet wurde. Die Anfeindungen blieben aber. So wurden die Jesuiten 1872 aus dem Deutschen Reich vertrieben und zur Zeit des Nationalsozialismus wie die Freimaurer als „Volksschädlinge“ verfolgt.
Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
BÜCHER_FILME_MUSIK
KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
MEIST_GELESEN