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Der Diözesankunstverein (DKV) hatte gerufen, über 30 Personen waren der Einladung gefolgt, eine Tagesreise in die Kulturhauptstadt-Region Salzkammergut 2024 zu unternehmen. Am Samstag, 14. September war es so weit. Trotz Dauerregen, Kälte und Schneefall machte sich der Bus von Linz aus auf und steuerte als erstes Ziel den ehemaligen Stollen in Ebensee an, der heute vom Zeitgeschichte-Museum Ebensee als KZ-Gedenkstätte betreut wird. Im Stollen arbeiteten in der NS-Zeit über 26.500 Menschen unter schlimmsten Bedingungen. Zwischen 18. November 1943 und 30. Juni 1945 wurden 8.412 mit Namen bekannte Insassen des KZ Ebensee ermordet oder sind an den Folgen der Haft und Zwangsarbeit verstorben.
Im Stollen beeindruckt nun die Installation von Chiharu Shiota. Die japanische Künstlerin beschäftigt sich in ihren raumgreifenden Installationen mit Themen der menschlichen Existenz. Sie schuf im Ebenseer Stollen mit roten Seilen und 25 überlebensgroßen Kleidern ein Kunstwerk, das auf die unfassbaren Verbrechen des Nationalsozialismus Bezug nimmt. Die Kleider sind zwischen roten Seilen gefangen, die wie ein Nebel die Figuren verschleiern. Themen wie Erinnerung und Existenz versucht Shiota zu begreifen, indem sie Gegenstände wie Schuhe, Schlüssel, Betten und Kleider sammelt und sie in Fadenstrukturen verknüpft. Besonders berührend: Wie Tränen wirken die an den Fäden hängenden Wassertropfen.
Neben den offiziellen Projekten gibt es viele kulturelle Initiativen, die im Vorfeld oder zum Kulturhauptstadtjahr entstanden sind. In der Pfarrkirche Bad Goisern – der nächsten Station – hat Künstlerin Elisabeth Plank das „Fenster der 100“ (Bild rechts oben) geschaffen, das an ehemalige KZ-Häftlinge aus dem Außenlager Ebensee erinnert, die 1945/46 in Bad Goisern verstorben sind und bislang keinen eigenen Gedenkort hatten.
Pfarrer Johann Hammerl begrüßte die Gäste bei der Kirchenführung und wies auf weitere geplante Projekte, wie etwa die Neugestaltung des Deckenfreskos hin, danach begleitete er die Gruppe ins nahe gelegene Hand.Werk.Haus. Dort ermöglicht die Ausstellung „PerlMUT“ zum einen Einblicke in traditionelles Handwerk, zum anderen zeigen Arbeiten von international tätigen Künstler:innen, wie manuelle Fertigkeiten mit künstlerischen Gestaltungen verwoben werden können. Das angrenzende Stephaneum – früher eine Hauptschule der Schulbrüder – wird in Zusammenarbeit mit der Diözesanen Immobilienstiftung DIS zurzeit als Haus für Ausstellungen und Workshops genutzt. Aktuell läuft hier noch bis 27. Oktober die Schau „Analog!“. Zu sehen sind u. a. die Scherenschnitt-Arbeiten von Marion Eichmann. Die in Berlin lebende Künstlerin nimmt auf, was sie in ihrer alltäglichen Umgebung wahrnimmt, und verwandelt Bildstöcke, Bahnhöfe, ganze Straßenzüge in Papierschnitte und Installationen.
Das Nachmittagsprogramm fand in Hallstatt seine Fortsetzung: Hier führte Teresa Kaineder, Pastoralassistentin, die für die kirchlichen Projekte im Kulturhauptstadtjahr zuständig ist, durch die Ausstellung „Über die Schwelle. Künstlerische Positionen zu Tod und Vergänglichkeit“. Im regennassen Hallstatt wurde zunächst der Steig zur Kirche erklommen. Installationen in der Pfarrkirche, im romanischen Durchgang, in der Michaelskapelle, im Beinhaus und Friedhof, in der Gruftkapelle und im Totengräberhaus von Jochen Höller (Die Unendlichkeit der Zeit), Klara Kohler (Das Gelebte), Franz Riedl (Lichterker), Nicole Six und Paul Petritsch (Sandur) u. a. schaffen inspirierende Zugänge zum Thema Tod, Werden und Vergehen. Die empfehlenswerte Ausstellung ist in Zusammenarbeit von Pfarre und dem Fachbereich für Kunst und Kultur der Diözese Linz entwickelt worden. Den Abend beschloss die Reisegruppe des DKV mit einer bemerkenswerten Uraufführung: Die Pfarre Hallstatt hatte dem Hallstätter Komponisten Peter WesenAuer einen Auftrag zur Komposition erteilt, dieser vertonte den Schöpfungspsalm. Solist:innen und die Sinfonietta da Camera Salzburg ließen faszinierende Klangwelten entstehen, die zwischen Tradition und Moderne angesiedelt sind. Viel Applaus gab es für die Künstler:innen – und für die Durchführung der Kulturreise.
Info: www.dkv-linz.at
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