KOMMENTAR_
Vor über hundert Jahren hat der damals noch junge Theologe Romano Guardini vom „Erwachen der Kirche in den Seelen“ gesprochen. Viele Jahrzehnte später war seine These immer noch populär, und in der Zeit des letzten Konzils meinte man dieses Erwachen direkt zu spüren. Aber die Zeit schritt fort. Heute reden viele die Kirche praktisch tot. Sie habe ihre Bedeutung und Kraft verloren. Zu lange hätten sich Kirchenleitung und -volk den Veränderungen in der Gesellschaft verschlossen. Die Menschen hätten von Kirche genug, sie brauchten sie nicht mehr – glücklich und zufrieden könne man auch ohne die Kirche leben.
So höre ich es in persönlichen Gesprächen, so lese ich es gedruckt in Zeitschriften. Es mag vielfach stimmen – und ich will es dennoch nicht recht glauben.
Vielleicht ist geradezu das Gegenteil der Fall: dass wir eher in einer Epoche der Entdeckung des Christentums stehen, dass dieses also aus den Verkrustungen des Gewohnten herausfindet und dass es aus dem Kern der christlichen Botschaft neue Lebenskraft bekommt.
In den vielfachen Nöten unserer Zeit tritt dieser Kern, die christliche Grundhaltung des Füreinander-Lebens, deutlicher zutage. Es ist nicht dumm, wer sein Leben zum Einsatz für andere bringt. Der Kern des christlichen Glaubens ist ein Samenkorn, von dem Jesus ja oft gesprochen hat. Er sprach auch vom Schatz im Acker. Dieser Schatz mag noch so tief vergraben sein. Umso größer das Staunen, wenn man ihn findet.
Im Advent soll an dieser Stelle von solchen Kostbarkeiten die Rede sein.
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