Wort zum Sonntag
Wenn mit Schulbeginn 2021/22 der Ethikunterricht in der 9. Schulstufe in den Regelunterricht aufgenommen und ab dann schrittweise erweitert wird, hat er bereits zwei Jahrzehnte als Schulversuch hinter sich. Es handelt sich um ein Pflichtfach für all jene Schüler/innen, die keinen Religionsunterricht besuchen. Dieses Entweder-Oder von Religion und Ethik wurde und wird dem Projekt von Gegner/innen vorgeworfen: „Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht das Auseinanderreißen des Klassenverbandes entlang konfessioneller Linien für den Zweck der getrennten Wertevermittlung vor“, wurde das „Volksbegehren Ethik für alle“ mit seinem Sprecher Eytan Reif schon im Vorfeld nicht müde zu wiederholen. Das Bild der gemeinsamen Erklärung der Religionsgemeinschaften passte nun auch gar nicht ins Bild und wurde in einer Presseaussendung als „Mogelpackung“ bezeichnet.
Heinz Faßmann hatte die Initiative gesetzt. Unter dem Dach der Technischen Universität Wien trafen sich Vertreter/innen von acht Religionsgemeinschaften, um zu erklären, dass der konfessionelle Religionsunterricht „im Sinne einer ganzheitlichen Bildung kognitive, affektive und handlungsorientierte Ziele“ habe, „die den Schüler/innen ermöglichen mit sich selbst, ihrer Religion und anderen Konfessionen vertraut zu werden. Dabei werden viele ethische Themen und Grundfragen im Rahmen des Religionsunterrichts aufgegriffen und behandelt, um Schülerinnen und Schüler zu verantwortungsbewusster gesellschaftlicher Mitgestaltung zu ermächtigen.“
Der Bildungsminister stellte drei Ebenen des Ethikunterrichts vor: „Ich mit mir“, „Ich und du“ sowie „Ich und die Welt“. Diese drei Ebenen würden auch in jedem konfessionellen Religionsunterricht behandelt, sodass Schüler/innen im Religionsunterricht nicht weniger Ethikunterricht hätten als andere. Darüber hinaus gebe es je eigene Lehrinhalte. Rabbiner Schlomo Hofmeister betonte beim Treffen der Religionen, dass keine Person weltanschaulich völlig neutral sein könne. Sehr wohl könnten Lehrende aber ihr Fach „neutral“ unterrichten. Die islamische Maturantin Maryam Rachidi wies darauf hin, dass es wünschenswert wäre, manche Themen mit den anderen Schüler/innen gemeinsam abzuhandeln, andere Themen wieder getrennt.
Der Präsident der buddhistischen Gesellschaft, Gerhard Weissgrab, legte in Anlehnung an den Dalai Lama dar, dass es eine Religion ohne Ethik nicht geben könne. „Schulbischof“ Wilhelm Krautwaschl betonte bei der gemeinsamen Präsentation: „Dass es nun Ethik- und Religionsunterricht gibt, entspricht am besten dem demokratischen Verständnis unserer aufgeklärten Gesellschaft.“ Einig waren sich die Anwesenden, dass das Miteinander der Religionen in Österreich vorbildlich funktioniert und dass es durch ethische und religiöse Bildung weiter gefördert werden kann.
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