Wort zum Sonntag
Unter #OutInChurch hatten am Montag insgesamt 125 Menschen in Deutschland, die queer und katholisch sind und die sich gegen Diskriminierung aller Menschen in der Kirche aussprechen, öffentlichkeitswirksam geoutet. Diese kamen in der ARD-Dokumentation "Wie Gott uns schuf" des Investigativ-Journalisten Hajo Seppelt, die am Montagabend ausgestrahlt wurde, zu Wort.
Das Medienecho auf die Aktion war groß. Rund 30 katholische Verbände und Organisationen bekundeten auf der Seite von "#OutInChurch" Solidarität - darunter das Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ZdK, die Katholische Frauengemeinschaft kfd und der Katholische Deutsche Frauenbund KDFB sowie der Bund der Deutschen Katholischen Jugend BDKJ.
Die Petition #OutInChurch haben bereits mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet.
> Kommentar von Monika Slouk in der KirchenZeitung
Für die Deutsche Bischofskonferenz trat der Aachener Bischof Helmut Dieser vor die Presse - auch der einzige Bischof, der laut ARD zum Interview in der TV-Dokumentation bereit war. "Ich habe dazugelernt, ja, das kann ich ganz freimütig sagen", sagt er. In seinem Statement vom Montag bekräftigte er, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert oder abgewertet oder kriminalisiert werden dürfe. Nach Ausstrahlung der Dokumentation hatten sich weitere deutsche Bischöfe geäußert und u.a. von "beeindruckenden Zeugnissen" gesprochen.
"Die Regenbogenpastoral Österreich begrüßt die Aktion #OutInChurch von queeren kirchlichen Mitarbeitenden in Deutschland, die für ein Klima der Angstfreiheit in der Kirche eintreten", betont deren Vorsitzender Franz Harant. Er sei überzeugt, dass die Initiative eine befreiende Aktion für viele sei, "die sich als Teil der Kirche verstehen, die sie beruflich mitgestalten und prägen"- so wie jeder Coming-Out-Prozess auch einer Einzelperson Erleichterung bringe.
Es sei höchste Zeit, dass die römisch-katholische Kirche ihre Lehre zur Sexualität konstruktiv ändere, so Harant. "Die für die Regenbogenpastoral in der österreichischen Kirche Zuständigen hoffen, dass diese Aktion den anstehenden Prozess beschleunigt." Seitens der Kirchenleitung - auf allen Ebenen - sei die Wahrheit in den Blick zu nehmen, "mehr noch, den konkreten Menschen ist in die Augen zu schauen", so der Linzer Priester.
Es steht in der römisch-katholischen Kirche schon lange an, dass LGBTIQ*-Personen in ihrer Würde als Mensch voll anerkannt werden, hielt Harant fest. "Weil die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität Teil der Person ist, darf niemand diskriminiert werden. Das christliche Menschenbild sagt, dass alle Menschen von Gott unbedingt geliebt sind", so der Regenbogenpastoral-Leiter.
Zum Thema äußerte sich die Pastoraltheologin Stephanie Bayer in einem Interview auf FM4. Sie ist Universitätsassistentin an der Universität Wien und Expertin für das Thema. Bayer promoviert zu Transidentitäten (die Geschlechtsidentität stimmt mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht überein).
Die Pastoraltheologin betont, dass es bei diesem Thema um zutiefst existentielle Fragen geht. Lehramtliche Texte der katholischen Kirche ignorieren wissenschaftliche Erkenntnisse zu Homosexualität, Inter- und Transsexualität.
Es ist beschämend, dass sich nur ein Bischof in der ARD Dokumentation zu Wort gemeldet hat. Stephanie Bayer hofft, dass die Kirchenleitung auf die Forderungen von #OutInChurch eingeht. Kirche ist immer in Bewegung. Die Pastoraltheologin fordert eine Aufarbeitung der Schuld und der Diskriminierungsschichte, welche die Kirche gegenüber queeren Menschen zu verantworten hat.
Das Forum Beziehung, Ehe und Familie der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) begrüßt das medienöffentliche Outing von insgesamt 125 Menschen in Deutschland, die queer und katholisch sind, als "Schritt zu einer wohltuenden Transparenz". Es unterstütze das Manifest #OutInChurch - "für eine Kirche ohne Angst" und lade ein, seine Anliegen auf unterschiedliche Weise zu unterstützen, gab das Forum in einer Stellungnahme bekannt. "Alte Vorurteile und falsche Botschaften zu Sexualität müssen endlich aufgearbeitet werden und die neuen theologisch-wissenschaftlichen und humanwissenschaftlichen Erkenntnisse müssen akzeptiert werden", forderte die Forums-Vorsitzende Luitgard Derschmidt.
Die ehemalige KAÖ-Präsidentin plädierte für eine glaubwürdige und zeitgemäße Kirche. "Dieses Selbst-Outing verstehen wir als kraftvollen Schritt in Richtung einer fälligen Selbstreinigung." Denn es sei "unerträglich", wenn Menschen einzig und allein auf ihre geschlechtliche Neigung festgelegt würden und ihnen der Wert und die Würde der Kinder Gottes in ihrem "So-Sein" abgesprochen werde. "Niemand kann sich seine angeborenen Neigungen aussuchen", gab Derschmidt zu bedenken.
Die Freiheit des Evangeliums vertrage sich nicht mit dem Versteckspiel, das die "zum Autoritären neigende Klerus-Kirche" lange genug gefördert habe. Homophobie und Duldung von Missbrauch seien die krassesten Seiten dieses "obsoleten Stils, den wir zugunsten einer realen spirituellen Freiheit hinter uns lassen müssen".
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