Wort zum Sonntag
Als glaubwürdigen Vertreter christlicher Grundhaltungen in Politik und Gesellschaft hat Kardinal Christoph Schönborn den am Sonntag verstorbenen ehemaligen VP-Vizekanzler Erhard Busek gewürdigt. Busek habe sich stets als Christ und christlicher Politiker verstanden, so Schönborn am Montag gegenüber Kathpress. Busek sei eine der prägendsten Gestalten der Volkspartei gewesen, dem es immer auch darum gegangen sei, Brücken zu politischen Kontrahenten zu bauen, Zusammenarbeit und Gemeinwohl zu stärken. Zudem sei Busek "ein großer Europäer" gewesen, würdigte Schönborn den Verstorbenen: "Erhard Busek hatte eine weite Perspektive. Er war ein entschiedener Europäer."
Auch Ferdinand Kaineder, Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), würdigte das von christlich-sozialer Überzeugung getragene Leben und Wirken von Erhard Busek. "Das Fundament seines politischen Handelns war die katholische Soziallehre", sagte er am Montag über den verstorbenen Politiker, der in jungen Jahren Wortführer in Jugendorganisationen der KAÖ war. Busek sei "das christlich-soziale Gesicht der ÖVP" gewesen, außerdem ein entschiedener Verfechter einer liberalen Demokratie. "Wir sind ihm für dieses Engagement sehr dankbar", so Kaineder in seiner Stellungnahme.
Busek sei zudem ein "starker Zukunftsdenker" gewesen, der Entwicklungen zu Zeitpunkten erkannt und benannt habe, zu denen sie für viele noch kein Thema waren. Dazu zählten laut dem KAÖ-Präsidenten besonders auch öko-soziale Themen und Anliegen. Auch die Kultur sei dem Verstorbenen ein wichtiges Anliegen, ja ein "Lebensmittel des Menschen" gewesen.
"Was den Menschen und Politiker Busek weiter ausgezeichnet hat, war seine Suche nach Gesprächspartnern in alle Richtungen", so Kaineder weiter. Er habe nicht nur in seiner eigenen "Meinungsblase" bewegt, sondern immer wieder andere Meinungen gesucht und ernsthaft zugehört. In seinem Engagement für Reformen in der Kirche habe sich Busek "kein Blatt vor den Mund genommen". Er sei überzeugt gewesen, dass eine Kirche, die gesellschaftlich wirksam werden soll, "auch in ihrer Verfasstheit mit der gegenwärtigen Gesellschaft kompatibel sein muss", so Kaineder.
Wie ein Vermächtnis des bis zuletzt hellsichtigen Intellektuellen mutet ein Beitrag Buseks in einer der jüngsten Ausgabe der christlichen Wochenzeitung "Die Furche" (3. März) an: Angesichts des aktuellen Krieges nicht "vor unserer Haustür", sondern "in unserem Haus" selbst bedürfe es einer grundlegenden Neuausrichtung und einer Rückkehr "zu den wesentlichen Fragen". In christliches Denken übersetzt heiße dieser Appell "Metanoeite! - Denkt um!", schrieb der klassisch gebildete Ex-Politiker. Dabei gehe es ihm keineswegs um Schwarzmalerei, sondern um die Erinnerung, "dass wir Menschen seit jeher die Kraft haben, mit Problemen und Krisen fertigzuwerden". Das gelinge vor allem, "indem wir Vertrauen aufbauen".
In den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg, an dessen Ende er als Kind noch die Angst vor den Sowjettruppen erlebt habe, habe es einen Zusammenhalt gegeben, bei dem jeder nicht nur um sich selbst besorgt gewesen sei, so Busek. In Krisen wie der heutigen möge man sich wieder verstärkt an solch grundlegende Fundamente erinnern. Seine Nachfolger in der Politik forderte der ehemalige Vizekanzler auf, zurückzutreten - "freilich nicht von ihren Ämtern, sondern von den manchmal eigenartigen Fragen, mit denen sie sich beschäftigen". Und wie die Parteien müssten auch Gewerkschaften und Kammern, Verbände und Bürgerinitiativen überlegen, wie sie effizient zusammenarbeiten können.
"Was ist nun am dringendsten notwendig?" Die Antwort Buseks auf diese seine Frage: "Vor allem, dass es wieder ein Europa gibt - wie es sich zuletzt bei den umfassenden wirtschaftlichen Sanktionen erstmals wieder gezeigt hat." Auch für eine großherzige Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen plädierte der überzeugte Europäer, für ein einsatzfähiges Bundesheer und für ein funktionsfähiges Krisenmanagement, dessen Fehlen die Pandemie schmerzlich aufgezeigt habe.
"Der Papst sollte versuchen, nach Moskau zu fahren, um Putin und den Patriarchen zu treffen!" Diese Mail-Nachricht Erhard Buseks vor wenigen Tagen war die letzte, die er an seinen langjährigen Freund Paul Zulehner richtete, wie der Wiener Theologe am Montag Kathpress mitteilte. Wenn Zulehner Möglichkeiten sähe, möge er auf ein solches Treffen hinwirken, bat Busek und zeige damit, "wie wach sich Erhard bis an das so überraschende Ende seines intensiven Lebens als Vollblutpolitiker eingesetzt hat".
Europa sei dem Verstorbenen ein Herzensanliegen gewesen, so Zulehner weiter. Sein Institut für den Donauraum und Mitteleuropa habe er in dessen "altösterreichischen Konstellation" als Beitrag zum Frieden in Europa gesehen.
An Busek habe er auch sehr geschätzt, "dass er ein waschechter Christlichsozialer war und das Herz am grünen Fleck hatte", tief fundiert in seiner persönlichen Gläubigkeit. Lang vor "Fridays for Future" habe er sich für ökologische Anliegen eingesetzt und hätte wohl "schon weit früher eine Allianz zwischen ÖVP und den Grünen geschlossen", meinte Zulehner.
Auch Buseks Bindung an die Kirche sei ungebrochen gewesen, er habe sehr bedauert, dass es mit ihr so abwärts geht. Beklagt habe er sich über die Mutlosigkeit mancher österreichischer Bischöfe, als Vizekanzler habe er daran mitgewirkt, Kurt Krenn als Wiener Erzbischof zu verhindern.
"Nicht nur ich werde Erhard sehr vermissen", bekundete Zulehner tiefe Trauer. Mit ihm sei ein großer Christlichsozialer, ein Friedensfreund und hochgeschätzter Vermittler etwa in der Balkankrise verstorben. "Dies schmerzt in Zeiten eines barbarischen Angriffskriegs umso mehr."
Die Nachricht vom Tod Erhard Buseks habe er "mit großer Betroffenheit aufgenommen". Wie der Salzburger Erzbischof und Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, am Montag gegenüber Kathpress sagte, verliere nicht nur die österreichische Politik mit Busek eine ihrer prägenden Figuren - "der Kontinent verliert einen überzeugten und leidenschaftlichen Europäer, wir verlieren einen loyalen und engagierten Bruder im Glauben".
Erzbischof Lackner, Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferez, äußerte sich am Rande der am Montag in Matrei am Brenner beginnenden Frühjahrsvollversammlung der österreichischen Bischöfe.
Erhard Buseks umfangreiches und vielseitiges Wirken lasse sich nur schwer in kurze Worte fassen, hielt der Salzburger Erzbischof fest. Schon seit seiner Jugend sei er aus dem Glauben heraus aktiv gewesen, seine christlich-soziale Einstellung sei ihm zeitlebens eine Richtschnur geblieben. Als besonders herausragend bewertete Lackner Buseks über Politik im engeren Sinn hinausreichende Arbeit für die Kultur, für die Verständigung und das Zusammenkommen der Menschen. Lackner erwähnte dabei die Leistungen des Verstorbenen für das Europäische Forum Alpbach, aber auch für die "Ouverture spirituelle" der Salzburger Festspiele mit ihrer Dialogreihe "Disputationes": Ohne Buseks Engagement würde es "diesen aus dem Glauben schöpfenden Auftakt" der Festspiele nicht geben, würdigte Lackner. Auch ostkirchliche Themen seien Busek immer ein Herzensanliegen gewesen.
Der Erzbischof abschließend: "Uns bleibt nun, für diesen Großen des politischen, kulturellen und religiösen Lebens zu beten, unsere Gedanken gelten den Hinterbliebenen, in besonderer Weise seiner Frau. Der Herr lohne ihm sein Werk und gebe ihm die ewige Ruhe."
Trauer herrscht auch in der Katholischen Kirche über den Tod von Erhard Busek. Der ehemalige Vizekanzler und katholische Intellektuelle starb unerwartet am Sonntag kurz vor seinem 81. Geburtstag in Wien, wie das Institut für den Donauraum und Mitteleuropa am Montag mitteilte. Neben den zahlreichen politischen Funktionen des Bundesparteiobmanns der ÖVP von 1991 bis 1995 war Busek ein überaus engagierter, zugleich kritischer und loyaler Katholik. Seine ersten politischen Erfahrungen machte der gebürtige Wiener in katholischen Jugendorganisationen und setzte sich immer wieder für Reformen in der Kirche ein. Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) bekundete dem Verstorbenen am Montag Respekt und seinen Hinterbliebenen ihre Anteilnahme.
Busek, geboren am 25. März 1941, engagierte sich ab 1958 in der Katholischen Mittelschuljugend (KMJ) der Erzdiözese Wien, ein Jahr später wurde er zum Zentralsekretär dieser KA-Mitgliedsorganisation auf Österreich-Ebene. Anschließend übernahm Busek die Aufgabe des Bundessekretärs der Katholischen Jugend Österreich (KJÖ) und gleichzeitig des Zentralführers der KMJÖ. 1964 schloss er sein Jus-Studium ab, seine Funktion in der Katholischen Jugend übte er bis 1966 aus. Danach wechselte Busek in die Politik, zunächst als Klubsekretär der ÖVP im Parlament.
Seine weiteren politischen Stationen waren u.a. Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes und der ÖVP, Landesparteiobmann der Wiener VP und Vizebürgermeister der Bundeshauptstadt. 1989 wurde er Wissenschaftsminister, von 1991 bis 1995 war er ÖVP-Vorsitzender und Vizekanzler in der Großen Koalition mit der SPÖ.
Nach dem Ende seiner innenpolitischen Laufbahn widmete sich Busek seiner Leidenschaft für Europa und übernahm den Vorsitz des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa; von 2000 bis 2002 war er Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung, von 2002 bis Juni 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa. Als Präsident des Trägervereins "Disputationes Salzburg" wirkte Busek maßgeblich an der in den vergangenen Jahren die Salzburger Festspiele eröffnenden "Ouverture spirituelle" beteiligt.
Immer wieder machte er sich auch für Reformen in der katholischen Kirche stark. 2009 gründete er zusammen mit dem ehemaligen Volksanwalt Herbert Kohlmaier und dem ehemaligen Nationalratspräsidenten Andreas Khol die - bis heute bestehende - "Laieninitiative". Diese forderte die Abschaffung der Zölibatsverpflichtung für Priester, die Weihe von Frauen zu Diakoninnen und ein stärkeres Mitspracherecht der Laien in der Kirche.
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