Wort zum Sonntag
Über Notwendigkeit, Gefahr und Gefährdung einer wichtigen Sache debattierten bei der Ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster 250 Teilnehmende mit Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft, Politik und Kirchen.
Josef Pühringer, ehem. Landeshauptmann:
"Es kann legitim sein zu misstrauen. Es fehlt uns aber ein Rezept, wie mit dem Vertrauen in abstruse Meinungen oder Theorien umgegangen werden soll.“
Bischof Andrej Cilerdzic:
„In der Ökumene fallen zwei Dinge auf: Das frühere gegenseitige Misstrauen der Kirchen und die vertrauensvolle Entwicklung!“
Philipp David, Systematische Theologie und Ethik (evangelisch), Universität Gießen:
"Der Befund aus der Alltagssprache und den Sprichworten bestätigt zweierlei: den Wagnischarakter des Vertrauens und eine gewisse Bedingungslosigkeit wahren Vertrauens.“
Kathrin Stainer-Hämmerle:
„Die Grundlage der Demokratie ist vertrauensvolle Kooperation.
Demokratie ist eine Lebensform, die nicht delegiert werden kann. Politiker müssen lernen zu moderieren.“
Renate Bauinger:
„Ohne Vertrauen kann keine Beziehung funktionieren. Doch Vertrauen kann auch missbraucht werden. Wenn wir von ‚blindem Vertrauen‘ sprechen, ist es vorwiegend negativ besetzt. Vertrauen und Misstrauen: Beides kann richtig und falsch sein.“
Melanie Wolfers:
„Vertrauen ist nichts für Feiglinge. Wer Freundschaft will, muss Verletzlichkeit wagen ... Doch wer nicht blauäugig sein will, braucht Gründe, jemandem zu vertrauen. Nicht jeder ist vertrauenswürdig, nicht zu jeder Zeit und in jeder Lage. Wir lassen uns auf ein offenes Geschehen ein, dessen Ausgang ungewiss ist. Wir gehen das Risiko ein, auf die Nase zu fallen. Vertrauen und Angst brauchen einander, denn allein in ihrem Zusammenspiel können sie uns schützen.“
Soziologe Jan Wetzel, Wissenschaftszentrum Berlin:
"Wenn in der Politik jemandem ‚vollstes Vertrauen‘ ausgesprochen wird, dann ist das Vertrauen oft schon sehr wackelig!“
Regina Polak, Institut für Praktische Theologie, Uni Wien:
"Das Vertrauen in Demokratie verschwindet nicht, sondern ändert die Richtung: Es richtet sich auf autoritäre Persönlichkeiten oder Weltsichten. Die intern von Krisen und Konflikten gebeutelten Kirchen sind wenig vertrauenswürdig ... Darauf kann man weder mit progressivem Aktivismus noch mit Restauration reagieren ... Gemeinsames Glauben und Feiern kann Angst nehmen und Vertrauen geben. Nur kein blindes Vertrauen!“
Bischof Manfred Scheuer:
„Die Komplexität als Merkmal der Transformationsgesellschaft hat zu Ungewissheit geführt. Traditionelle Sinn- und Wertesysteme bröseln. Die Kirchen verlieren an Gestaltungskraft und Glaubwürdigkeit ... Es braucht in Krisenzeiten Mut zu leben.“
Adelheid Kastner:
„Urvertrauen entsteht dann, wenn das Kleinkind eine sichere Bindung an
Bezugspersonen erlebt. Das ist wesentlich für stabile Beziehungen im Erwachsenenalter, ermächtigt zur angst-armen Auseinandersetzung mit der sozialen Umgebung und ist Grundlage für Selbstvertrauen und Liebesfähigkeit.“
Thomas Stelzer, oberösterreichischer Landeshauptmann: "
Die letzten Jahre und Monate haben einiges in der Gesellschaft durch-
einandergewürfelt ... Ohne Vertrauen gibt es keine Demokratie, ja, überhaupt kein Zusammenleben. Eine wichtige Frage ist: In wen haben wir Vertrauen?“
Wie so vieles hat auch die „Ökumenische Sommerakademie“ 2020 pausiert und 2021 online stattgefunden. Von 13. bis 15. Juli gab es die 1999 ins Leben gerufene jährliche Tagung wieder „echt“ im traditionsreichen Stift Kremsmünster in Oberösterreich. „Gesellschaft ohne Vertrauen“ war das verbindende Thema. „Der Mythos der Zahl“, „Die Marke Gott“ oder „Tabu Lebensende“ waren bisherige Titel.
„Gleichgeblieben ist über all die Jahre der Grundgedanke“, so der Initiator, ehemalige ORF-Landesdirektor für Oberösterreich und Absolvent des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, Helmut Obermayr: „Gemeinsam Fragen zu behandeln, auf die Menschen Antworten von Religionen erwarten.“ Die KirchenZeitung der Diözese Linz ist Mitveranstalterin der Ökumenischen Sommerakademie, neben der Katholischen Privat-Universität Linz, dem ORF und anderen.
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