30 Jahre nach Erscheinen der Einheitsübersetzung des Alten und Neuen Testaments wird der Bibeltext „moderat“ überarbeitet – so lautet die Vorgabe der deutschsprachigen Bischofskonferenzen. Der Linzer Bibelwissenschafter Johannes Marböck gehört dem Leitungsgremium der Revision an und gibt – exklusiv für die KirchenZeitung – Einblick in den Stand der Arbeit.
Was sind die Eckpunkte der revidierten Übersetzung? Jede Übersetzung steht in der Spannung, dem Urtext gerecht zu werden und den heutigen Menschen die Bibel zu erschließen. Die Revision wird sich wieder mehr dem Urtext zuneigen. Der Text wird dadurch zwar sperriger, aber auch mehr zur Auseinandersetzung herausfordern. Die bisherige Einheitsübersetzung hat manche Passagen sehr geglättet und recht frei wiedergegeben.
Können Sie eine gravierende Änderung in der Revision nennen? Das Wort „Jahwe“ wird in der Bibel nicht mehr vorkommen – aus Respekt dem Judentum gegenüber. Das ist Vorgabe aus Rom. Die Juden sprechen den Gottesnamen Jahwe nicht aus. In der ältesten jüdischen Übersetzung der Bibel ins Griechische wird „Jahwe“ mit „Kyrios“ – der Herr – wiedergegeben. Die Einheitsübersetzung verwendete bisher an den allermeisten der rund 6800 Stellen das Wort „Herr“ für den Gottesnamen. Nun wird sich aber kein einziges Mal das Wort „Jahwe“ finden – sondern in Großbuchstaben geschrieben HERR.
Die Wiedergabe des Gottesnamens mit Herr empfinden nicht nur, aber vor allem Frauen als Problem. Warum hat man keine Alternativen gesucht? Weil es keine echten Alternativen gibt. Für mich ist der Weg, den die Bibel in gerechter Sprache geht, eine problematische Alternative. Dort werden mehr als 15 unterschiedliche Gottesbezeichnungen gebraucht. Ich betone aber: Die Wiedergabe des Gottesnamens ist nie zufriedenstellend.
Es gibt noch andere heiße Eisen: zum Beispiel die „Brüder“ in den Paulusbriefen, die bei den Lesungen in den Gottesdiensten immer wieder für Unmut sorgen. In der neuen Fassung wird das griechische Wort „Adelphoi“ (Brüder) dort, wo es sachlich richtig ist, mit „Brüder und Schwestern“ übersetzt. Als ein Beispiel erwähne ich den ersten Korintherbrief, wo Paulus über die Auferstehung Jesu spricht: „Ich erinnere euch, Brüder und Schwestern, an das Evangelium, das ich euch verkündet habe“ (1 Kor 15,1). An anderen Stellen werden geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet. In der Bergpredigt (Mt 5,9) wird es anstatt „Söhne Gottes“ „Kinder Gottes“ heißen. Und aus dem Apostel Junias (Röm 16,7) wird eine Junia werden. So ist das vorgesehen, wir haben aber nicht das letzte Wort, muss ich einschränkend sagen, das haben die Bischofskonferenzen und Rom.
Wie werden Begriffe übersetzt, die in der heutigen Kirche Amtsbezeichnungen sind, wie Bischof und Diakon? Das Wort Episkopos werden wir nicht immer mit Bischof, sondern mit Vorsteher übersetzen, und Diakon mit Helfer. Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass zwischen unserem heutigen Amtsverständnis und den Begriffen der Bibel ein Unterschied ist.
Es gibt keine Bibelübersetzung, die nicht kritisiert wird. Was sagen Sie ihren Kritikern? Ich verweise auf das Buch Jesus Sirach, wo der Übersetzer – 120 Jahre vor Christus – sagt: „Ihr seid nun aufgefordert mit Wohlwollen und Aufmerksamkeit zu lesen. Doch mögt ihr Nachsicht üben, wenn wir vielleicht einige der schwer zu übersetzenden Ausdrücke unbefriedigend wiedergegeben haben.“ Und ich sage aus Überzeugung: Es ist wichtig, dass es unterschiedliche Bibelübersetzungen gibt, weil die verschiedenen Perspektiven die Auseinandersetzung mit der Bibel bereichern.
Daten & Fakten zurneuen Einheitsübersetzung
Die Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift ist die offizielle Bibelausgabe in der (deuschsprachigen) katholischen Kirche, die im Gottesdienst und allen liturgischen Büchern verwendet wird. An die 50 Exegeten – darunter acht Frauen – arbeiten seit 2006 an der Revision der Einheitsübersetzung, die nach 30 Jahren aufgrund der Änderungen im Sprachempfinden der Menschen und des Fortschrittes der Theologie notwendig geworden ist. Das Neue Testament zur Gänze und große Teile des Alten Testaments liegen bereits fertig vor. 2011 soll die Arbeit abgeschlossen werden, die von einem Leitungsgremium koordiniert wird – bestehend aus Bischöfen (Alois Kothgasser für Österreich) und Bibelwisssenschaftern, darunter Johannes Marböck. Der Übersetzungsvorschlag des Leitungsgremiums wird dann an die deutschsprachigen Bischofskonferenzen zur Begutachtung und zur endgültigen Genehmigung an die Gottesdienstkongregation nach Rom gehen. Wie lange die Genehmigungsprozesse dauern, ist offen. Daher kann man auch keine seriöse Auskunft darüber geben, wann die Einheitsübersetzung erscheinen kann. Zeitlich mit der Einheitsübersetzung gekoppelt sind das neue Messbuch und das neue Gotteslob.