Am 22. Februar 2018 jährt sich der Todestag von drei Mitgliedern der studentischen Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst, zum 75. Mal.
Ausgabe: 2018/07
13.02.2018 - Bernhard Hippler
Vor allem durch den 1919 in Murnau (Bayern) geborenen Christoph Probst, der im Wintersemester 1942/43 in Innsbruck Medizin studierte, gibt es einen Bezug zu Tirol und Österreich. Da er 1942 in Innsbruck kein Zimmer fand – damals schon ein Studenten-Problem! – wohnte er in Aldrans. Seine Frau mit den beiden ersten Kindern war seit Herbst 1942 in Lermoos untergebracht.
Bei den Bibelabenden
Im Zusammenhang mit archivalischen Nachforschungen erhielt eine Mitteilung des früheren Innsbrucker Hochschulseelsorgers Dr. Georg Weber eine besondere Bedeutung. Im Rückblick auf seine Innsbrucker Tätigkeit – von 1940 bis zu seiner Verhaftung im Jahr 1943 – schrieb er in einem Brief vom 31. Jänner 1981: „Die Tätigkeit als Studentenseelsorger war damals auf rein kirchliche Räume beschränkt. So hielt ich alle 14 Tage Bibelabende, die an den Kirchentüren angeschlagen waren, … Der Kontakt mit Deutschland war rege. Auch arbeiteten die Studenten, zum Großteil Mediziner, eifrig mit. Viele kamen aus Deutschland und Innerösterreich. Auch Probst war unter ihnen, der mit den Geschwistern Scholl hingerichtet wurde …“
Vertiefung in den Glauben
Christoph Probst begann an der Universität München das Medizinstudium. Dort kam es auch zum Kontakt mit den Geschwistern Scholl und weiteren Gleichgesinnten wie etwa Willi Graf oder Alexander Schmorell. Mit „Flugblättern“, in denen diese Studentengruppe mit dem Namen „Weiße Rose“ das totalitäre Nazi-Regime verurteilte, und die, oft unter Lebensgefahr, im ganzen Deutschen Reich verteilt wurden, versuchten sie, zum Widerstand gegen die Diktatur aufzurufen. Zunehmend vertiefte sich Probst, der ungetauft war, in die Werke religiöser Schriftsteller wie John Henry Newman, Augustinus, Paul Claudel, Søren Kierkegaard und Reinhold Schneider.
1940 wurde er zum ersten Mal Vater
Im Herbst 1942 kam er zum Medizinstudium nach Innsbruck. Hier wurde der 23-Jährige – seine Frau hatte gerade das dritte Kind geboren – am 19. Februar 1943 als Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ verhaftet. Nach einem Schauprozess wurde er am 22. Februar in München zusammen mit Hans und Sophie Scholl hingerichtet. Zuvor hatte er sich noch in der Gefängniszelle katholisch taufen lassen. In seinem Abschiedsbrief an seine Mutter schrieb er: „… Ich danke Dir, dass Du mir das Leben gegeben hast. Wenn ich es recht bedenke, so war es ein einziger Weg zu Gott … Eben erfahre ich, dass ich nur noch eine Stunde Zeit habe. Ich werde jetzt die heilige Taufe und die heilige Kommunion empfangen ...“ Von den Geschwistern Scholl verabschiedete er sich unmittelbar vor der Hinrichtung mit den Worten: „In wenigen Minuten sehen wir uns in der Ewigkeit wieder!“
Glaube als Widerstandskraft
In der Nachkriegszeit wurden die religiösen Beweggründe dieser jungen Leute aus politisch-ideologischen Gründen weitgehend ausgeblendet beziehungsweise sogar bewusst in Abrede gestellt. Gerade die historischen Untersuchungen der letzten Jahre haben aber die religiösen Motivationsgründe aller Mitglieder der „Weißen Rose“ herausgearbeitet. Hans und Sophie Scholl waren gläubige Protestanten. Der später hingerichtete Medizinstudent Willi Graf, für den die Erzdiözese München jetzt eine Voruntersuchung für ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet hat, kam aus der Katholischen Jugendbewegung. Alexander Schmorell, auch Student der Medizin, war orthodoxer Christ. Auch er wurde einige Monate später in München hingerichtet. Die russisch-orthodoxe Kirche im Ausland hat ihn 2012 heiliggesprochen und verehrt ihn als „Alexander von München“. Christoph Probst wird in dem von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen „Deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ ausdrücklich genannt.
Glaube als Unterscheidungskraft
Was an Christoph Probst und seinen Mitstudenten imponiert, ist die Tatsache, dass es sich bei ihnen nicht um blasse, weltfremde Frömmler handelte, sondern um lebenslustige, sportliche und musikalische junge Menschen. Sie alle waren geistig aktive Studenten. In ihrem Tagebuch schreibt Sophie Scholl einmal am Abend eines Tages: „… und jetzt lese ich noch eine Stunde Augustinus.“
Die Studenten der „Weißen Rose“ waren religiös ringende Menschen. Der Glaube fiel ihnen nicht einfach in den Schoß. Auch wenn sie in christlichen Familien aufgewachsen waren, erkannten sie die Schwächen des traditionellen volkskirchlichen Betriebs.
Die letzten Wochen
Das Weihnachtsfest 1942 wurde für Probst eine Zeit tiefer religiöser Besinnung. In einem Brief an seinen Bruder schrieb er am 18. Dezember 1942: „Es soll auch so ein Freudenfest sein, an dem man voll Dankbarkeit der Güte des Schöpfers dankt, dass er uns Christus gesandt hat, durch den wir wissen, dass unser Leiden, unser Leben einen Sinn hat, der uns ein Leben vorgelitten hat aus reinster Güte, der das Leid verständlich gemacht hat und geheiligt hat, der uns auf das Leben nach dem Tod gewiesen hat, der die Liebe predigte, die wahre Verbrüderung der Menschen, der uns das Brot des Lebens gebracht hat und an dem es keinen Zweifel gibt.“
Am Ehrenmal vor dem Hauptgebäude der Universität Innsbruck erinnert eine Gedenktafel an Christoph Probst. Die Stadt Innsbruck benannte auf Antrag der Österreichischen Hochschülerschaft den Platz vor der Universität in „Christoph-Probst-Platz“. Die Gemeinde Aldrans widmete ihm 2013 anlässlich des 70. Todestages eine Gedenktafel an der Pfarrkirche. «