Die Spendengelder aus der Haussammlung kommen Menschen zugute, die in Not geraten sind. Doch wer schaut darauf, dass die Hilfe auch direkt ankommt? Ein Besuch bei Günther Fischinger in Wels.
Ausgabe: 2017/18, Caritas, Haussammlung
02.05.2017 - Christine Grüll
Seit April und noch bis Ende Mai sind pfarrliche Mitarbeiter/innen unterwegs, um Spenden zu sammeln. Rund 1,7 Millionen Euro waren es im letzten Jahr. Sie fließen in Caritas-Einrichtungen in Oberösterreich, darunter die zwölf Sozialberatungsstellen. Günther Fischinger leitet die Hälfte davon. Seit fast 25 Jahren hört er zu, wenn Menschen von ihren Problemen erzählen. Sie kommen, weil sie die Miete nicht zahlen können, der Strom abgeschaltet wurde oder das Geld für Windeln fehlt. Sie kommen, weil alle Stricke ihres sozialen Netzes gerissen sind.
Eine große Scham
„Da ist viel Scham dabei“, sagt Günther Fischinger. Für die Klient/innen ist es nicht leicht, ihre Sorgen vor einem Fremden auszubreiten. Günther Fischinger und seine fünf Mitarbeiter/innen nehmen sich deshalb Zeit für die Gespräche. Das ist oft schon die erste Hilfe. Meistens geht es um finanzielle Probleme. Dann gibt der Sozialarbeiter Lebensmittel-Gutscheine aus, überweist eine Miete oder einen Vorschuss auf die Familienbeihilfe. „Das ist aber nur zur Überbrückung gedacht und keine Dauerunterstützung“, betont er. Manche brauchen jedoch einen längerfristigen Plan. So wie der Mann, der kürzlich in die Beratung kam. Nach einer Operation war er in Krankenstand. Er wurde gekündigt. Mit dem Arbeitslosengeld kann er die Miete, Gas und Strom bezahlen, mehr aber nicht. Seine Kinder waren bisher alle zwei Wochen bei ihm. Das kann er sich nicht mehr leisten. „Ich habe eine gewisse professionelle Distanz“, erzählt Günther Fischinger: „Aber wenn ein weinender Mann vor mir sitzt, berührt mich das sehr.“
Dankbarkeit
Unter den Klient/innen sind viele, die ein gutes Leben hatten. Eine Krankheit, eine Trennung oder Arbeitslosigkeit haben das System zusammenbrechen lassen. Es betrifft Zeitarbeiter mit geringer Ausbildung, Alleinerzieherinnen, Mindestpensionist/innen und immer öfter Männer und Frauen mit höherer Ausbildung. „Früher habe ich selbst an die Caritas gespendet“, auch das hört Günther Fischinger öfter. Manchmal muss er ein Ansuchen ablehnen, weil es nicht den Grundsätzen entspricht. Doch die meisten Hilfesuchenden gehen „mit einem Licht am Ende des Tunnels“ nach Hause. „Wir möchten mit ihnen gemeinsam eine Perspektive öffnen, damit sie ihr Selbstwertgefühl steigern und selbst aktiv werden können“, sagt Günther Fischinger. In seiner Arbeit erlebt er Freude und Dankbarkeit. „Es ist ein schöner Beruf.“