Der Innenraum des Linzer Mariendoms wird neu gestaltet. Im Juni beginnen die Bauarbeiten in der größten Kirche Österreichs. Im neuen Altarraum werden sich die Mitfeiernden im Halbkreis um Altar und Ambo versammeln. Der Altar rückt in die Mitte – und mit ihm die ganze Feiergemeinde.
Ausgabe: 2017/17
25.04.2017 - Elisabeth Leitner
Mehr Nähe, mehr Raumqualität, bessere Sichtbarkeit – das bringt die Neugestaltung des Innenraums im Linzer Mariendom. Die Feiergemeinde versammelt sich um eine neue liturgische Mitte und rückt in die Vierung. „Durch die Communio-Raumgestaltung im hohen Vierungsraum halbiert sich der Abstand von der letzten Bankreihe zum neuen Altar um die Hälfte. Bei gleicher Sitzplatzanzahl.“ – Architekt Wolfgang Schaffer sieht darin den größten Gewinn der Neugestaltung. Alle rücken räumlich näher zusammen. – Das hebt auch Dompfarrer Maximilian Strasser hervor: „Die Mitfeiernden werden in einem Halbkreis um den Altar stehen oder sitzen. Die Versammlung um den Altar als Mitte kann so leichter und zugleich intensiver erfahren werden.“
Ursprüngliche Schönheit
Miteinander Gottesdienst feiern ermöglicht dann den Sichtkontakt der Feiernden zueinander und zur leicht erhöhten Altarinsel. Der neue 8000 kg schwere Altar aus geschnittenem Jura-Kalkstein und der Ambo sind somit für alle gut sichtbar – und nicht mehr unendlich weit von den Mitfeiernden entfernt. Metall, Stein und Holz sind die Materialien, die bei der Neugestaltung verwendet werden. Das Holzpodium aus dem Jahr 1984 mit dem derzeitigen Volksaltar wird entfernt. Neu geschaffen werden nicht nur der Altar und der Ambo, die dann in der Hauptachse und zueinander in Balance stehen, sondern auch die Vorstehersitze, die bischöfliche Kathedra (Sitz des Bischofs) und der Priestersitz. Der historische Altarraum mit den Marmor-Intarsien – bisher vollgeräumt mit Stühlen, Notenpulten, Instrumenten – wird freigeräumt: „Er wird in seiner ursprünglichen Schönheit wieder erlebbar sein“, freut sich Dompfarrer Strasser. Auch das Chorgestühl kommt wieder an seinen alten Platz zurück und rückt näher zum Kirchenvolk. Die früher gegebene Transparenz Richtung Votivkapelle und Kapellenkranz kann dadurch mehr zur Geltung kommen. Die neugotische Architektur des Domes wird besser erlebbar.
Minimaler Eingriff
Für die Kirchenmusik als wichtiger Träger liturgischer Feiern bietet die Neugestaltung mehr Platz. Beleuchtung und Lautsprecherananlage werden erneuert und eine Infra-Rot-Heizung wird installiert. Die Pflüger-Orgel wird generalsaniert und versetzt. Als „minimalen Eingriff mit maximaler Wirkung“ bezeichnet Dompfarrer Strasser das Siegerprojekt des internationalen Wettbewerbs von Heimo Zobernig und dem Architektenteam Kuehn/Malvezzi und ergänzt: „Es war auch auch das einzig Mögliche!“ Die zentrale Idee des Künstlers Heimo Zobernig war die Nähe zwischen Kirchengemeinde und Liturgie herzustellen, den liturgischen Objekten klare, einfache Formen zu geben und den Besuch des Doms zu einem architektonischen Erlebnis zu machen.
Nach der Amtsübernahme von Bischof Ludwig Schwarz hat Bischof Manfred Scheuer im Juni 2016 für die Umsetzung grünes Licht gegeben, die Detailplanung ist nun abgeschlossen, jetzt beginnen die Bauarbeiten. Die Gesamtkosten sind mit 1,2 Millionen Euro veranschlagt. Die Fertigstellung soll bis Herbst 2017 erfolgen: die Altarweihe wird am 8. Dezember zum Patrozinium Mariä Empfängnis gefeiert.
Der Dom steht für die Einheit
Bischof Manfred Scheuer hat von Bischof Schwarz das Vorhaben einer Umgestaltung des Dom-Innenraums übernommen. Im Juni gab er grünes Licht. Die Diözese wird zugleich im Irak helfen, zerstörte Kirchen aufzubauen.
Herr Bischof, was erwarten Sie sich von der Neugestaltung? Bischof Manfred Scheuer: Die Entscheidung ist natürlich aufgrund der Voten der dafür zuständigen Gremien gefallen. Die Renovierung und Neugestaltung des Innenraumes, vor allem des Altarraumes steht dafür, dass wir unseren Glauben der Tradition verdanken, ihn aber in unserer Zeit und mit unseren gegenwärtigen Mitteln leben sollen. Ich sehe darin ein starkes Zeichen für die Überzeugung, dass der christliche Glaube Gegenwart und Zukunft in unserem Land hat.
Von Architekten und Künstlern wird die Mitte betont. Wird sich die Feierqualität dadurch verbessern? Scheuer: Ich erwarte mir von der Neugestaltung des Altares, dass Opfer- und Mahlcharakter der Eucharistie in ihrer gegenseitigen Verwiesenheit deutlicher erfahrbar werden. Die Feier der Eucharistie hängt von den Subjekten der Liturgie ab. Diese sind hineingestellt in geprägte Räume und Zeiten. Liturgie darf nicht Selbstinszenierung eines Priesters oder einer Gemeinde sein. Eucharistie ist Gabe Gottes. Gott ist Einladender und primäres Subjekt. Die Neugestaltung wird sich daran zu bewähren haben, ob sie den Dialog Gottes mit uns Menschen fördert.
Der Mariendom ist Bischofs- und Pfarrkirche. Was ist Ihnen für die Bischofskirche wichtig? Scheuer: Ich habe Fragen gestellt, wie in der Zukunft Liturgien mit dem Bischof gefeiert werden können: Priester- und Diakonenweihen, Chrisammesse, Fußwaschung, Prozessionen, große Einzüge. Ein Dom kann nicht einfach ein multifunktionaler Raum sein. Ich sehe es aber als wünschenswert an, dass unterschiedliche Gruppen wie Kinder und Jugendliche, Bewegungen und Aktionen, aber auch unterschiedliche „Stilrichtungen“ in der Kirche schöpferisch feiern können. Eine Bischofskirche steht für die Einheit unserer Diözese, und die Einheit halbwegs vernünftig zu leben ist schwierig genug.
Was antworten Sie Kritikern? Scheuer: Der ursprüngliche Hochaltar kommt durch die Neugestaltung besser zur Geltung, gerade wenn man von hinten her den Dom betritt. Es entsteht wieder ein Chorraum, wie er zurzeit nicht so gut gegeben ist. Es gibt auch Stimmen, die überhaupt keine Veränderung wollen. Wenn wir Kirchen anschauen, so hat fast jede Generation etwas zur Gestalt der Kirchenräume beigetragen.Sonst gäbe es keinen Petersdom neu, auch keinen Mariendom in Linz. Die Kirchen waren den Menschen immer kostbar. Es waren Orte der Hoffnung und des Trostes. Das wussten gerade die Armen zu schätzen. Ich habe das bei einer Solidaritätsreise in den Irak im Februar 2017 erlebt. Um das Kirchengebäude herum sammelt sich die Hoffnung auf Rückkehrmöglichkeit für jene, die fliehen mussten. Deshalb wollen wir im Zusammenhang mit der Renovierung und Neugestaltung des Linzer Domes gleichzeitig mithelfen, dass in der Niniveebene im Irak zerstörte Kirchen wieder aufgebaut werden können.
Interview mit Heimo Zobernig
Ein architektonisches Erlebnis
Künstler Heimo Zobernig wird gemeinsam mit dem Architektenteam Kuehn/Malvezzi den Altarraum neu gestalten. Was ihm dabei wichtig ist, sagt er im KiZ-Interview.
Was war für Sie die Herausforderung bei der Neugestaltung des Altarraumes?
Heimo Zobernig: Schon immer hat mich die niederländische Architekturmalerei des 17. Jahrunderts, im Besonderen die Kirchenräume von Emanuel de Witte, fasziniert. Der Linzer Dom ist für mich ein wunderbares Beispiel für eine ähnliche Stimmung, wie ich sie aus diesen Bildern kenne, darum habe ich mich sehr darüber gefreut, mit den Architekten Kuehn/Malvezzi zu diesem Gestaltungsauftrag eingeladen zu werden.Der Raum hat ja etwas sehr puristisches und durch seine Geschichte, die noch nicht sehr alt ist, hat er noch nicht so viele stilistisch unterschiedliche Einrichtungen wie andere historisch vergleichbare Bauten in dieser Größe angesammelt.
Welche zentrale Idee haben Sie verfolgt?Zobernig: Die Nähe zwischen Kirchengemeinde und Liturgie herzustellen, den liturgischen Objekten klare, einfache Formen zu geben und den Besuch des Domes zu einem architektonischen Erlebnis zu machen. Ein Grundgedanke ist es, mit einem sehr reduzierten Gestaltungsstil der neugotischen Architektur nicht in Konkurrenz zu sein, auf sie einzugehen und den besonderen Dimensionen zu vertrauen.
Was bedeutet es für Sie als Künstler, diesen Sakralraum zu gestalten?Zobernig: Architektur und Einrichtung für einen Sakralraum zählen sicherlich zu den interessantesten künstlerischen und architektonischen Aufgaben, da sie nicht alltäglichen Notwendigkeiten ergeben sind, sondern Ausdruck von den Vorstellungen des Erhabenen darstellen, die weit darüber hinausgehen.
Interview: Elisabeth Leitner