Am Gründonnerstag verstummen die Glocken und fliegen laut Legende nach Rom. Bis zur Osternacht werden sie durch Ratschen ersetzt. „Nur zwei Tage im Jahr haben wir keine Glocke, aber da fehlt sie uns schon sehr“, sagt Christof Grassmayr.
Ausgabe: 2017/15
11.04.2017 - Susanne Huber
„Dieser Ton ist gigantisch“, schwärmt der Seniorchef der Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck. Er spricht von der weltweit größten schwingenden Kirchenglocke, die im Familienunternehmen, das seit 1599 besteht, gegossen und vor ein paar Tagen dort erstmals angeschlagen wurde. Ihre Heimat wird das 25 Tonnen schwere Stück demnächst in der rumänisch-orthodoxen Kathedrale in Bukarest finden. Das Herausfordernde beim Glockengießen: „Wenn sich auf einem Turm mehrere Glocken befinden, müssen sie tonlich genau zusammenpassen“, sagt der Innsbrucker. Das Geheimnis der Glockenberechnung wird seit Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben und ständig verbessert. „Unsere beiden Söhne Peter und Johannes, die seit 2001 in 14. Generation die Glockengießerei führen, machen immer wieder Versuche, um den Klang noch schöner und gewaltiger zu erzielen.“
Glockenmuseum
Das erfolgreiche Unternehmen liefert Glocken in alle Welt, vor allem in die ehemaligen kommunistischen Länder, aber auch auf die Philippinen und nach Myanmar. 2016 wurden für acht verschiedene christliche Konfessionen Glocken gegossen. „Die weitest entfernte hängt in Neuseeland; die aus christlicher Lehre interessanteste hängt am Mosesberg auf der Halbinsel Sinai“, erzählt Christof Grassmayr. Die Aufgabe des 79-jährigen Seniors in der Firma heute ist es, Gruppen durchs Glockenmuseum zu führen, das er gemeinsam mit seiner Frau vor 20 Jahren ins Leben rief.