Tansania ist heuer Beispielland zum Weltmissions-Sonntag (21.Oktober). Sehr nahe am Alltag wird in kleinen Gemeinschaften der christliche Glaube gelebt. Dass das so gut funktioniert, liegt an einem speziellen Charakteristikum der Bevölkerung.
Gemeinsam beten, gemeinsam die Bibel lesen, gemeinsam dem Wort Gottes lauschen und sich darüber austauschen. In den Dörfern am Fuße des Kilimandscharo in Tansania ist das Modell der „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“ stetig gewachsen. Ein- bis zweimal in der Woche kommen bis zu 15 Familien aus der Nachbarschaft zusammen, um Kirche lebendig werden zu lassen. „Die Idee der ,Kleinen Christlichen Gemeinschaften‘ hat dazu beigetragen, Christus ins Zentrum unseres Lebens zu bringen“, sagt Willibald Maningi, Priester der Diözese Moshi und Pfarrer von Uchira in der Kilimandscharo-Region.
Basisgemeinden wie bei der Urkirche
Bereits die Christ/innen der Urkirche lebten in Gemeinschaft zusammen, teilten das Gebet, feierten gemeinsam die Eucharistie, teilten das Brot und auch die Sorgen mit jenen, die zu dieser Gemeinschaft gehörten. Entwickelt hat sich das Pastoralmodell der „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“ nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Waren es in Lateinamerika Ende der 60er Jahre die Basisgemeinden, entstanden Anfang der 70er Jahre in Afrika die „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“. Die Vereinigung der Bischofskonferenzen Ostafrikas (AMECEA) hatte bei ihrer Vollversammlung 1973 ein Konzept zur Umsetzung dieses Pastoralmodells ins Leben gerufen. Laien von nachbarschaftlich organisierten Gemeinschaften sind hier das Bindeglied zu den Pfarren und den Priestern, die meistens nicht die Möglichkeit haben, regelmäßig die oft sehr großen Pfarrgebiete zu besuchen.
Missio Austria unterstützt Bibelkurse
Als Father Willibald Maningi 1991 nach Uchira kam, hat er begonnen, dort „Kleine Christliche Gemeinschaften“ aufzubauen. „An erster Stelle stand die pastorale Ausbildung. Danach haben wir die Familien besucht und gezählt und alle, die wollten, wurden mit einbezogen. Zehn bis höchstens 15 benachbarte Familien bilden eine Gruppe. Insgesamt gibt es in Uchira heute 28 Gemeinschaften, die Teil der Pfarre sind. In jeder Gemeinschaft gibt es ein Leitungsteam aus fünf Personen, die mich bei meiner pastoralen Arbeit unterstützen.“ In Seminaren wird den Teams der Inhalt der Bibel näher gebracht. Missio Austria bietet hier mit finanziellen Mitteln Hilfe, um beispielsweise diese Kurse weiterzuführen.
Leben in der Gemeinschaft
Ein fixes und zentrales Element bei den regelmäßigen Zusammentreffen bildet das Bibel-Teilen. Dabei wird aufmerksam der vorgetragenen Textstelle aus der Bibel gelauscht. Danach sprechen die Leute darüber, welche Bedeutung das Wort Gottes auf ihr Leben in der Gemeinschaft hat. Glaube und Alltag werden miteinander verwoben. Sorgen und Probleme kommen auf den Tisch; das, was die Menschen bewegt, wird ausgesprochen. Daraus ergibt sich in der Folge, dass das gehörte Wort in die Tat umgesetzt, soziales und solidarisches Engagement an den Tag gelegt wird – wenn etwa Kranke besucht werden oder Geld zusammengelegt wird, weil jemanden die finanziellen Mittel für dringend benötigte Medikamente fehlen. Gibt es Streit, wird versucht zu versöhnen und einander zu verzeihen. Katechist/innen bereiten Eltern auf die Taufe und die Kinder auf die Erstkommunion und auf die Firmung vor. Kirche wird so in den „Kleinen Christlichen Gemeinschaften“ von der Basis her im Alltag der Menschen erfahrbar und lebbar.
Kultur des Miteinanderlebens
Warum funktioniert dieses Pastoralmodell in Tansania so gut? „Weil die afrikanische Bevölkerung generell die Kultur des Miteinanderlebens im Blut hat. Unser Leben ist geprägt von gegenseitiger Unterstützung und Hilfe. Wir leben als Familie zusammen, wir helfen einander während der Ernte, wir helfen einander, Häuser zu bauen, wir feiern, singen und tanzen zusammen, wenn ein Kind geboren wird und wir kommen auch zusammen, wenn wir Kummer und Sorgen haben, wenn jemand stirbt. Unser Volk ist geprägt von Gemeinschaft, Teilhabe und Zusammenleben“, so die Antwort von Father Willibald Maningi.
Weltmissions-Sonntag 2012
Durch die Missio-Sammlung zum Weltmissions-Sonntag (21. Oktober), der größten Solidaritäts-aktion der Welt, wird die pastorale und soziale Arbeit der Kirche in mehr als 1100 der ärmsten Diözesen der Welt ermöglicht, indem sie diesen Ortskirchen ein „Existenzminimum“ zusichert. Tansania ist heuer Beispielland zum Weltmissions-Sonntag. 60 % der 42 Millionen Einwohner/innen des ostafrikanischen Landes sind Christ/innen, 30 % Muslim/innen und 10 % indigene Völker.
Nach wie vor ist in Tansania die grausame Tradition der weiblichen Genitalverstümmelung weit verbreitet. Die Kirche sieht sich hier als Anwältin der Frauen, für sie Gerechtigkeit einzufordern. Michael Msonganzila, Bischof der Diözese Musoma, hat ein diözesanweites Projekt gestartet, um dieses brutale Ritual zu beenden. Er rückt dabei Bildung, medizinische Versorgung und Camps, in welche Mädchen flüchten können, ins Zentrum der Hilfe.
Auch die sozialen Probleme Tansanias sind trotz Tourismus und Entwicklungsmaßnahmen enorm. Viele Dörfer sind ohne Strom, ohne sauberes, fließendes Wasser und die Gesundheitsversorgung ist mangelhaft. Es herrscht Korruption und es sind vor allem ausländische Unternehmen, die sich an den Ressourcen des Landes bereichern. Die Kirche leistet mit ihren Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen und mit zahlreichen sozialen Projekten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. www.missio.at