Der 17-Jährige ist der jüngste Eremit, der je in der Türmerstube des Mariendoms gelebt hat. Auch wenn das einige Freunde verrückt finden, Patrick bestärkte es, zu seinem starken Gottesglauben zu stehen.
395 Stufen führen hinauf in die Einsamkeit in 68 Meter Höhe, die Rückzug vom alltäglichen Trubel verspricht. Hier einmal eine Woche zu verbringen, hat sich Patrick Seidl schon lange erträumt. Mit 17 Jahren hat er seinen Wunsch nun erfüllt und ist der jüngste Eremit, der je im Mariendom gelebt hat. „Mich haben Kirchtürme und die Konstruktion von Glockenstühlen bereits als Kind fasziniert“, erzählt Patrick. Dazu kommt, dass der Linzer Aug in Aug mit dem Mariendom arbeitet. „Der Dom ist wunderschön. Und von oben hat man den schönsten Blick auf Linz“, sagt er. Nur einen Steinwurf von Österreichs größter Kirche entfernt macht Patrick Seidl im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern eine Lehre zum Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger. So logisch es für Patrick war, sich eine Woche als Eremit zurückzuziehen, so wenig Verständnis erntete der Jugendliche von den meisten seiner Freunde. „Die haben gesagt, dass ich spinne, verrückt bin und dass ich ohne Radio, Fernsehen, und Handy durchdrehen werde.“
Eremit und Außenseiter. Probleme mit der Einsamkeit hatte Patrick Seidl als Turmeremit jedenfalls nie, wie er betont. „Wirklich allein habe ich mich auch nie gefühlt. Man hört ständig das sanfte Rauschen der Stadt. Und dann gibt es auch noch die Kirchenglocken, die jede Stunde läuten. Das gibt ein Gefühl der Geborgenheit.“ Während draußen die Winterstürme um den Mariendom fegten, hat der junge Linzer die Zeit mit Beten und dem ausführlichen Studium der Bergpredigt verbracht. Im Dom hat der junge Linzer zudem bewusst das Gespräch mit den anderen Gläubigen gesucht. Patrick: „Das war viel leichter als im normalen Alltag, wo die Leute sich meistens sehr abkapseln.“
Diese Tage haben gestärkt. Lange und intensiv hat der 17-Jährige in der Türmerstube über seine Probleme nachgedacht, denn mit seinem deutlichen Bekenntnis zu Gott habe er oft eine Außenseiterposition. „Ich bin in meinem Freundeskreis der Einzige, der einen starken Gottesglauben hat und nicht nur am Sonntag in die Kirche geht, weil es halt Brauchtum ist“, glaubt er. „Mittlerweile bin ich ganz froh, anders zu sein. Die Tage als Eremit haben mich bestärkt, zu meinem starken Glauben zu stehen“, sagt Patrick.
Nur Party, Saufen und Sex. Er kritisiert, dass es in der Gesellschaft keine Werte mehr gebe. Seine Altersgenossen hätten nur Party, Saufen und Sex im Sinn. „Das ist nicht meine Welt“, sagt Patrick Seidl. Ihn stört, wenn den Leuten alles egal ist. „Wir müssen wieder besser mit den Gottesgaben umgehen“, sagt er. Er selbst setzt diesen Vorsatz um, indem er etwa kein Fleisch mehr isst. Obwohl er mit Loretto und dem Aufbruch-Jugendzentrum in Wilhering Gleichgesinnte gefunden hat, will er auch Menschen, die mit seinem intensiven Glauben weniger anfangen können, nicht meiden. „Das bringt nichts, dass jeder sein Revier hat und die Christen immer auf einem Fleck beisammen picken. Mir tut es auch gut, unter Leuten zu sein, die über den Glauben anders denken als ich.“
Turmeremit
Das Projekt Turmeremit, das im Zuge der Kulturhauptstadt Europas Linz 2009 entstanden ist, wurde aufgrund des Erfolgs weitergeführt. Wer den jüngsten Turmeremiten kontaktieren möchte, kann dies unter E-Mail: patrick-seidl@gmx.at tun.