Advent und Weihnacht ist eine Zeit des Segnens: Adventkranz, Herbergsbilder und von den Sternsingern werden die Wohnungen gesegnet – und so manche kirchliche Hilfswerke verwenden „gesegnete Geschenke“, um damit die Geldbörse zu öffnen. Was heißt segnen, fragt die KiZ den Liturgiewissenschafter Prof. Hans Hollerweger.
Leser/innen der KirchenZeitung haben die Redaktion aufmerksam gemacht, dass gerade in den Wochen vor Weihnachten unaufgefordert Rosenkränze, Plastikmadonnen oder Bildchen – mit dem Vermerk „geweiht“ zugesendet und dafür Spenden erbeten werden. Eine Reihe von Menschen traut sich nicht, diese Andachtsgegenstände zu entsorgen und den Erlagschein zu ignorieren. „Mit Geweihtem darf man keine Geschäfte machen“, erinnert der emeritierte Linzer Liturgiewissenschafter Hans Hollerweger an einen alten Spruch.
Kein Geschäft mit „Geweihtem“. Man braucht sich vom Prädikat „geweiht“ keinesfalls unter Druck setzen zu lassen, schon gar nicht unter Spendendruck, betont er. Zurückschicken oder in den Papierkorb – er hat damit kein Problem. Wenn ein religiöses Erinnerungszeichen keine Funktion mehr oder nie gehabt hat, braucht man sich über die Art der Entsorgung kein Kopfzerbrechen zu machen: wie man ja auch einen Adventkranz verbrennen kann, oder wenn man in einer Wohnung lebt und keinen Ofen hat, über den Biomüll entsorgen kann, so Hollerweger. Er ist in Fragen von Segnungen ein Fachmann. Er war der Leiter der Arbeitsgruppe, die im Auftrag der deutschsprachigen Bischofskonferenzen das Benediktionale (Gebetbuch für die Segnungen) erstellt hat. Das 1976 veröffentlichte Werk ist bis heute in Gebrauch.
Segnen heißt Gott loben. Der Missbrauch mit geweihten Gegenständen soll aber nicht die Bedeutung des Segnens überdecken: Auch wenn es sehr vielfältige Ausprägungen hat und selbst innerhalb der katholischen Tradi-tion nicht auf einen einfachen Nenner zu bringen ist – Segnen ist ein Phänomen, das sich in allen Religionen findet und zu einem religiösen Bedürfnis des Menschen gehört, erklärt Hollerweger. Das lateinische Wort für Segnen – benedictio – meint zunächst den feierlichen Lobpreis Gottes: Segnen heißt Gott loben. Wenn man die Feldfrüchte segnet, so lobt und dankt man Gott für die Gaben seiner Schöpfung. Segnen stellt eine Beziehung zu Gott her und hat nichts mit Magie zu tun.
Am Beispiel des Rosenkranzes. Hollerweger verdeutlicht das am Beispiel eines Rosenkranzes. An der Gebetsschnur bleibt keine Weihe hängen, sondern der Segen gilt den Menschen und ihrem Kontakt zu Gott. Im Fall des Rosenkranzes ist es die Bitte, dass er die Beter/innen an Jesus erinnert und diese im Glauben gestärkt werden. Darum es sinnvoll, wenn bei einer Segnung die Menschen dabei sind, denen der Rosenkranz gehört. Hollerweger: „Die Bitte um Segen ergeht letztlich nie über die Dinge, sondern über den Menschen, dem die Dinge helfen sollen, zu Gott zu finden.“
Schutz vor Gefahr. Der Mensch hat auch das Bedürfnis um Segen zu bitten, wenn ein Gegenstand seines Lebens mit Gefahr verbunden ist. So steht hinter der Segnung eines Autos die Erfahrung, dass man als Verkehrsteilnehmer/in gefährlich lebt. Der Segen ändert nichts am Fahrzeug, aber es die Bitte, dass die Lenker/innen sich rücksichtsvoll und aufmerksam auf der Straße verhalten. Nicht die Sache wird anders, sondern es wird gebeten, dass sich der Mensch ändert und die Dinge im Geist der Nächstenliebe und der Schöpfung gebraucht – das Auto, das zur CO2-Belastung der Umwelt beiträgt, ist hier ein Beispiel.
Den Fernseher segnen. Zu jenen Gegenständen des Alltags, von denen für Menschen eine Gefahr ausgehen kann oder bei denen es besonders schwierig ist, sie richtig zu gebrauchen, zählt Hollerweger – nicht ganz ernst, aber auch nicht nur spaßhalber – Fernsehgeräte und Computer, Internetanschluss inklusive. Schade, dass es dafür keine Segnung gibt, meint er. Dabei hätte er es als Leiter der Arbeitsgruppe „Benediktionale“ im Fall des Fernsehers – Computer gab es noch nicht – in der Hand gehabt, ein Segensformular zu verfassen.