Gert Smetanig ist Pfarrer in zwei Gemeinden, Dechant und Zauberer. Als „Magic Priest“ tourt er seit vielen Jahren durchs Land. Ein Gespräch über Harry Potter, Blasphemie und Männerdomänen, die langsam aufbrechen.
Gert Smetanig: Klassisch mit sieben einen Zauberkasten geschenkt bekommen, dann bei jedem Anlass gezaubert. Mit 14 stand ich zum ersten Mal auf der Bühne. Mittlerweile sind das schon 31 Jahre Show-Erfahrung.
Waren Sie damals ein so selbstbewusstes Kind?
Smetanig: Schüchtern war ich nie. Mein Eltern rätseln, woher ich das habe. Mein Großvater hatte einen ähnlich selbstbewussten Charakter wie ich. Ich habe als Jugendlicher in der Theatergruppe gespielt, die Bühne habe ich schon immer gesucht.
Sie sind ein richtiger Entertainer?
Smetanig: Ein Priester muss heute Entertainer-Qualitäten haben. Ich weiß, das ist gefährlich, weil sich dann gewisse Gruppen aufregen. Aber ich glaube schon, wenn du heute als Priester Gottesdienste ständig mit traurigem Gesicht feierst, springt der Funke nicht über. Du musst die Leute mit deinen Worten packen können, Jesus hat das auch ganz gut verstanden. Das war ein Geheimnis seines Erfolges, dass er eine Sprache verwendet hat, die die Leute verstanden haben.
Mit 18 Jahren haben Sie sich entschieden, Priester zu werden. Wie kam es dazu?
Smetanig: Ich kann keine Berufungsgeschichte erzählen, ich habe keinen lieben Gott gehört oder ähnliche Erlebnisse gehabt. Mein Heimatpfarrer in Kärnten hat mich zu den Orientierungstagen der Salesianer Don Boscos geschickt. Ihm zuliebe bin ich hin. Nachher wollte ich Priester werden. Gott wird sich schon was gedacht haben und mich berufen haben, weil ich anders bin. Ich habe ein ganz normales Leben gehabt, wir sind als Jugendliche vielleicht eher in die Kirche gegangen, um andere Mädels zu treffen, als um Gottesdienst zu feiern. Ich hatte eine Freundin, die sich mit meiner Entscheidung für den Priesterberuf natürlich schwergetan hat.
Der Glaube an das Magische und der Glaube an Gott. Gibt es da Gemeinsamkeiten?
Smetanig: Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Gott hat alles getan, um von diesem Bild des Magischen wegzukommen, sonst hätte er nicht den Jesus Mensch werden lassen, der alle menschlichen Facetten erlebt hat. Das ist für mich Beweis genug, dass Gott alles andere als magisch sein will.
Sie sind ein Fan der Geschichten des jungen Zauberers Harry Potter. Was ist eigentlich Ihre Lieblingsfigur?
Smetanig: Eh der Harry Potter selbst. Mir gefällt seine Entwicklung. Am Anfang wehrt er sich gegen seine besonderen Fähigkeiten und zweifelt. Bis zu dem Moment, wo er in das Ganze hineinwächst und seine Fähigkeiten für das Gute verwendet.
Wie sich Harry Potter in der Geschichte aufopfert, zeigt Parallelen zum Christentum, könnte man sagen?
Smetanig: Da muss man aufpassen. Sonst kommen wieder diese Briefe. Unser Bischof hat vor zwei Wochen einen weitergeleitet bekommen. Eine Gruppe aus Kärnten hat mich der Blasphemie angeklagt und den Kardinal Christoph Schönborn gebeten, mich ruhigzustellen. Ich nehme das aber mit Humor. Meine Vorgesetzten zum Glück auch.
Wie lange brauchen Sie, um Zauberkunststücke einzustudieren?
Smetanig: Manchmal kann das bis zu einem halben Jahr dauern.
Wird es schwieriger, die Leute zu beeindrucken, nachdem es immer spektakulärere Zauber-Shows im Fernsehen und Internet zu sehen gibt?
Smetanig: Nein, finde ich nicht. Es hat für die Leute nach wie vor eine Faszination, einen Zauberer live zu sehen. Im Fernsehen weiß man nie, ob die Tricks nicht speziell bearbeitet wurden, etwa durch die Schnitttechnik.
Wie kommen Sie auf Ideen für neue Zaubertricks?
Smetanig: Durch Seminare, durch Kongresse und durch alte Zauberbücher.
Ihr großes Vorbild ist David Copperfield, den Sie persönlich kennengelernt haben.
Smetanig. Ja, und im Oktober habe ich ihn zum zweiten Mal nach fünf Jahren in Las Vegas getroffen. Er hat sich an mich, den Magic Priest, noch erinnern können.
Es fällt nicht nur bei den prominenten Namen auf, dass das Zaubern noch eine richtige Männerdomäne ist.
Smetanig: Schon, aber Frauen sind heute als eigenständige Zauberinnen deutlich mehr vertreten als noch vor zehn Jahren.
Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, die langsam, aber stetig voranschreitet?
Smetanig: Ja, so wie in der Kirche. Wobei mir das in der Kirche zu langsam ist. Ich habe manchmal das Gefühl, die Kirche muss gegen eine Mauer düsen und dann erst fängt sie an, Veränderungen durchzuführen. Dabei wäre es wichtig, diesen Aufprall zu verhindern.
Sie sind Pfarrer in zwei Gemeinden, Dechant und Zauberer. Erleben Sie das als Mehrfachbelastung?
Smetanig: Das Zaubern sehe ich als Akkustation, das gibt mir Kraft für den Priesterberuf. Natürlich habe ich weniger Auftritte, seitdem ich Dechant bin. Mein Hauptberuf ist Priester.
Pfarrer in zwei Gemeinden zu sein: Ist das die Grenze? Oder kann noch mehr für Sie dazukommen?
Smetanig: Zwei Pfarren ist die Grenze. Ich kann mir nicht vorstellen, mehr zu nehmen. Ich versuche, überall gleich viel da zu sein. Das Schöne am Priestersein ist der Kontakt zu den Leuten in allen Bereichen ihres Lebens. Sie zu begleiten, dass die Menschen dir ihr Vertrauen schenken. Als Pfarrer kannst du nicht auf die Uhr schauen und sagen: Jetzt ist mein Pensum erreicht. In den letzten Jahren habe ich dennoch einiges reduzieren müssen. Seit ich Pfarrer bin, wird es für mich emotional von Jahr zu Jahr schwieriger, für mich selbst Feste wie Weihnachten zu feiern. Es ist erschreckend, ich weiß nicht, was ich da machen kann. Für die Leute versuche ich das perfekte Fest liturgisch zu gestalten, aber selbst – das klingt jetzt hart – empfinde ich nicht mehr viel.
Sie sind auch Mitglied der Pfarrerinitiative, die sich für Reformen in der katholischen Kirche einsetzt.
Smetanig: Wobei das jetzt auch einschläft. Beim jetzigen Papst kannst du eh nichts kritisieren, da hast genug Auftrag, das selbst zu verwirklichen, was der Papst vorlebt. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wobei schon klar ist: Der nächste Papst kann alles wieder rückgängig machen.
Heißt das zum Beispiel: Frauendiakonat lieber früher als später einführen?
Smetanig: Ja, sicher, ich will das schon noch erleben. Wenn ich zum Papst gewählt werde, mache ich das sicher. Ich bin realistisch, dass die nächsten fünf Jahre eher noch nichts passieren wird beim Frauendiakonat. Ich hoffe es, aber allein der Glaube fehlt mir (lacht).
Abschlussfrage: Wenn Sie wirklich zaubern könnten, würden Sie auf jeden Fall …
Smetanig: Ich würde die Sehnsucht nach Gott wieder herzaubern. Wie ich vor zehn Jahren hergekommen bin als Pfarrer im Innviertel, habe ich mir gedacht: Jetzt kommt ein junger Priester her, da werden mir die Kirchentüren eingerannt. Was zum Teil auch so war. Trotzdem sehe ich die Entwicklung, dass sich viele Menschen das gar nicht mehr antun, sich am Sonntag 45 Minuten in die Messe zu setzen und mitzufeiern. Vielleicht würden sie daraufkommen, dass das, was dieser Priester sagt, etwas Wichtiges für ihr Leben sein könnte.
Neues Show-Programm
Im Februar startet Gert Smetanig sein neues Zauberprogramm. Die ersten Vorstellungen finden am Fr., 10. und Sa., 11. Februar im Pfarrsaal Mauerkirchen um 19.30 Uhr statt. Am So., 12. Februar gibt es um 18 Uhr eine Vorstellung. Vorverkaufskarten für die Zauber-Show sind in der Raiffeisenbank Burgkirchen und Mauerkirchen erhältlich.
Evangelienkommentare
Für die KirchenZeitung wird Gert Smetanig in den Februar-Ausgaben die Evangelienkommentare schreiben.