Essen muss man, trinken, und atmen. Was lebt, braucht Nahrung. Tag für Tag. Beim Frieden ist es nicht anders. Wo Friede bloß geschlossen wird, ist bald Schluss mit dem Frieden.
Das war ein großer Irrtum, dass man meinte, ein vor gut 70 Jahren von unseren Müttern und Vätern geschlossener Friede gelte ein für alle Mal. Besser als von einem Friedensschluss sollte man vom Beginnen des Friedens sprechen. Man muss ihn halten – und wachsen lassen. Nähren muss man ihn.
Das neue Jahr möge friedlicher werden, wünschen viele. Man spürt, wie gebrechlich er geworden ist: wie ein appetitlos gewordener Mann, der auf Krücken geht.
Feste Nahrung braucht der Friede. Das meint die wirtschaftliche Gerechtigkeit – dass man die Lebensmittel den Menschen nicht vorenthält oder gar wegnimmt – von den Rohstoffen bis zum Essen und Geld.
Flüssige Nahrung, das ist der Wille. Der Friedenswille von damals reicht nicht mehr. Heute muss man ihn wollen. Man lebt ja auch nicht von dem, was man früher getrunken hat.
Der Wille wiederum nährt sich aus Begegnung. Sie schafft dem Frieden Atemluft. Wie reich und schön die Welt auf einmal erscheint, wenn Fremde zu Vertrauten geworden sind. Friede führt heraus aus der Enge der Bunker. So pathetisch es klingt: Im Frieden wird Freiheit möglich – und Weite.