Meine Eltern haben mir in der Taufe den Namen Roswitha gegeben. Meine Namenspatronin Hrotsvit oder Hrosvith von Gandersheim lebte im 10. Jahrhundert nach der Regel des hl. Benedikt in einer klösterlichen Gemeinschaft. Sie gilt als die erste Dichterin Deutschlands. Sie verfasste lateinische Dramen, welche für ihre Mitschwestern die teils sehr freizügigen Dramen des Schriftstellers Terenz ersetzen sollten; weiters Heiligenlegenden, zwei historische Schriften über Kaiser Otto den Großen und über das Kloster Gandersheim. Obwohl manchmal angezweifelt wird, ob sie tatsächlich diese Werke geschrieben hat, vergibt die Stadt Bad Gandersheim seit 1973 die Roswitha-Medaille, seit 1998 den Roswitha-Preis, eine Auszeichnung, welche ausschließlich an Frauen vergeben wird. Roswitha heißt die „Ruhmesstarke“ oder „Hochgerühmte“. In meiner Familie wurden die Taufnamen nicht abgekürzt; Rosi hätte mir auch nicht gefallen. Früher feierte man ihren Gedenktag am 30. März, jetzt hat ihn die Kirche auf den 5. September festgelegt.
Dr. Roswitha Unfried ist Angehörige der Ordensgemeinschaft „Frauen von Bethanien“ und ehrenamtliche Mitarbeiterin im Bibelreferat.