Der neue Südtiroler Bischof ist eng mit dem konziliaren Prozess verbunden
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06.05.2009 - Ernst Gansinger
Verkehr, der die Alpen quert und die Lebensqualität drückt. Sonnenenergie wie auch Gletscherschwund. Afrika, der arme Lazarus vor Europas Tür, Zuwanderung. Das sind Themen, denen sich der neue Südtiroler Bischof Karl Golser stellt.
Aus der damaligen DDR kam beim Weltkirchenrat in Vancouver 1983 der Anstoß für ein gesamtchristliches Friedenskonzil. Es war die Zeit des NATO-Nachrüstungsbeschlusses. Ein Konzil wurde es nicht, aber ein konziliarer Prozess – mit bisher drei großen Stationen. Die erste war Basel: 1989, die Erste Europäische ökumenische Versammlung.
Schöpfungsverantwortung. An diese Wurzeln des „konziliaren Prozesses“ erinnerte der Südtiroler Bischof Karl Golser bei der Frühjahrstagung der „Österreichischen Kirchenpressekonferenz“ in Bozen. Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung waren die Themen von Basel. Stand ursprünglich der Friede im zentralen Blickfeld, ist im Laufe der vergangenen Jahre sehr stark auch die Schöpfungsverantwortung zum Thema geworden. Der drohende Klimawandel und die damit verbundenen dramatischen sozialen und ökologischen Folgen haben auch in den Kirchen viele Menschen wachgerüttelt. Ausgehend von einem Aufruf des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios rufen seit einigen Jahren immer mehr Kirchen zum Schöpfungstag am 1. September auf. Das Christliche Europäische Umweltnetzwerk lädt dazu ein, vom 1. September bis 4. Oktober (Fest des hl. Franz) eine „Schöpfungszeit“ zu begehen. In Österreich findet die Aktion „Autofasten“ immer mehr Zuspruch.
Grenzüberschreitend. Bischof Golser ist mit dem konziliaren Prozess eng verbunden. Seit 1994 leitete er das Institut für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung der Diözese Bozen-Brixen. Er arbeitete an der Abfassung eines Dokumentes der „Kommission der Bischofskonferenzen des EU-Raumes“ (ComECE) zum Klimawandel mit und trug auch wesentlich dazu bei, dass die Italienische Bischofskonferenz ein umfassendes Programm zur Bewahrung der Schöpfung ausgearbeitet hat. Ebenso war Prof. Golser an Initiativen der an der Brenner-Route gelegenen Diözesen Innsbruck, Trient und Bozen-Brixen zur Reduktion der Verkehrsbelastung in den Alpen beteiligt. Eine Frucht der grenzüberschreitenden Vernetzung wird auch ein gemeinsamer Hirtenbrief der Bischöfe von Salzburg, Innsbruck, Brixen und Trient anlässlich des heurigen 200-Jahr-Andreas-Hofer-Gedenkjahres sein.
Karl Golser, geboren am 16. Mai 1943 in Tscherms, 1968 in Rom zum Priester geweiht, wurde am 8. März 2009 zum neuen Bischof von Bozen-Brixen geweiht. Von 1977 bis 1982 war Golser in der Glaubenskongragation in Rom tätig. Dann begann seine Laufbahn als Professor für Moraltheologie in Brixen. Bei der Tagung der Österreichischen Kirchenpressekonferenz am 24./25. April in Bozen berichtete Golser über einen besonderen Schwerpunkt seines seines Wirkens – sein persönliches und wissenschaftliches Engagement im konziliaren Prozess für Gerechtgkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.
Zur Sache
Vor 20 Jahren in Basel
Vom 15. bis 21. 1989 fand in Basel die Erste Europäische Ökumenische Versammlung statt. Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Rat Europäischer Bischofskonferenzen (CCEE) hatten 1986 dazu eingeladen. Für viele Kirchen war Basel eine wichtige Station des „konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“. Zu diesem Prozess hat der Ökumenische Rat der Kirchen angesichts der schweren Bedrohungen für die Menschheit bei seiner Vollversammlung in Vancouver (1983) aufgerufen. Einer der Auslöser für diesen Prozess war das atomare Wettrüsten (Nachrüstung) in Europa. „Friede in Gerechtigkeit“ war daher auch das Motto der Basler Versammlung. Schon 1933/34 hatten angesichts des Aufstiegs der Nazis der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer und der katholische Geistliche Max Joseph Metzger zu einem „Friedenskonzil“ aller Christen aufgerufen. Zur Vorbereitung auf Basel fanden zahlreiche ökumenische „Basistreffen“ statt, die in einigen osteuropäischen Ländern (besonders DDR) so etwas wie ein „Wetterleuchten“ der Wende waren. In der Nacht vom 9. auf 10. November 1989 fiel die Berliner Mauer.
Basel wurde zu einem neuen Aufbruch in der ökumenischen Basisbewegung, die sich bei der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung vom 23. bis 27. Juni 1997 in Graz in ihrer ganzen Buntheit und Kraft zeigte. „Versöhnung“ war das Thema von Graz – auch im Blick auf die blutigen Balkankriege. Zwei wesentliche Impulse sind von Graz ausgegangen: die „Charta Oecumenica“ über das Miteinander der Kirchen und ihre gemeinsame Verantwortung in Europa (2001) – und das ökumenische Europäische Umweltnetzwerk. Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung fand 2007 in Sibiu statt.