Niemals vergessen! Das haben sich die Überlebenden der Höllen des 20. Jahrhunderts vorgenommen. Gedenktage und -orte sollen nachfolgende Generationen davor bewahren, ein weiteres Mal auf die Elendsstraße der Unmenschlichkeiten zu geraten.
Jetzt sind viele in Sorge: Wirkt das Erinnern nicht mehr? Schlittert die Gesellschaft nicht längst wieder in dieselben verhängnisvollen Gassen, in denen Menschen den Respekt voreinander verlieren?
Vielleicht reicht es nicht aus, das Erinnern auf die dunklen Kapitel der Geschichte zu beschränken – als Strategie zur Vermeidung des Bösen. Noch wichtiger ist das Erinnern an das Gute. Was hat geholfen? Was bringt weiter? Was sind die schönen Erfahrungen der Geschichte? Was sind die motivierenden Kräfte gewesen? Wie haben die guten Wege angefangen – und wo führen sie hin? Es tut gut, sich die Gründe und Quellen der Dankbarkeit in Erinnerung zu rufen. „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“, heißt es in Psalm 103. Das Gute öffnet den Weg, schafft die Motivation für das Morgen. Traurig wäre es, wenn nur die Not beten lehrte – und nicht auch das Glück. Den Gründen der Angst aus dem Weg zu gehen, schafft noch nicht Glück. Niemals vergessen! Das gilt auch dem Guten. Es braucht die Freude – eine Ahnung, wofür es sich lohnt.