Ein spezielles Kunstprojekt der Organisation FUNARTE ist Projektpartner der Dreikönigsaktion.
Ausgabe: 2017/51
19.12.2017 - Susanne Huber
In der nicaraguanischen Stadt Estelí dominieren Kriminalität, Armut und Gewalt. Kinder und Jugendliche leiden besonders stark darunter. FUNARTE bietet den jungen Menschen Raum zu spielen und sich mittels Kunst auszudrücken. Hier erhalten sie auch Zuwendung und Betreuung und gewinnen mehr Selbstbewusstsein.
Farbenspiel. Bunte Kleckse auf Händen und im Gesicht, auf Hosen und T-Shirts, auf den Brettern des Gerüsts, auf dem junge Leute sich hohen Wänden widmen, die es zu bemalen gilt. Meybeling Caballero Balmaceda und die anderen Künstlerinnen und Künstler mischen die Farben. Mit jedem Pinselstrich kommt mehr und mehr innere Freude bei ihnen hoch und zaubert immer wieder ein Lächeln ins Gesicht.
Durch Kunst ausdrücken
Meybeling ist 14 Jahre alt und Schülerin der dritten Klasse eines Gymnasiums in der nicaraguanischen Stadt Estelí. Bereits mit fünf Jahren hat sie begonnen, an den Wandmalerei-Workshops von FUNARTE teilzunehmen. Die Organisation arbeitet seit 28 Jahren mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Hauptaufgabengebiet des Projektpartners der Dreikönigsaktion ist, dass junge Leute lernen, sich durch Kunst auszudrücken. Selbstwertgefühl, Kreativität und Teamfähigkeit werden gefördert. FUNARTE ist zudem auch Anlaufstelle für die ärmsten Kinder von Estelí, die Gewalterfahrungen gemacht haben, sei es zu Hause oder auf der Straße.
Gewalt und Umweltschutz
Die bildnerische Kunst ist eine Methode, „die hilft, traumatische und belastende Erlebnisse besser auszudrücken und zu verarbeiten“, sagt Aracely Gómez Ruiz. Die studierte 37-jährige Pädagogin arbeitet seit 2004 bei FUNARTE und ist Trainerin des Projekts „EcoArte“, bei dem auch Meybeling mit dabei ist. Themen, die in den Werken zur Sprache kommen, sind neben Gewalt unter anderem auch der Umweltschutz mit dem Ziel, Bewusstseinsbildung im Bereich Ökologie zu entwickeln. „Kinder und Jugendliche werden mittels Kunst motiviert, sich für den Umweltschutz in Estelí einzusetzen. Der Mensch ist abhängig von der Natur. Über die Kunst wird die Liebe und der Respekt zur Mutter Erde aufgezeigt“, sagt Aracely Gómez Ruiz. Zielgruppe des Projekts sind nicht nur die jungen Leute, sondern auch deren Eltern und die zuständigen Leiter der jeweiligen Stadtteile, wo Bilder an öffentlichen Wänden in unterschiedlichen Bezirken von Estelí entstehen und bereits entstanden sind.
Gefährliche Stadt
Estelí liegt im Norden Nicaraguas und zählt 120.000 Einwohner. Immer mehr Menschen ziehen von den ländlichen Regionen ins Zentrum, um Arbeit zu finden. Doch die Hoffnungen darauf werden oft enttäuscht. Viele fristen ihr Dasein ohne Arbeit oder in mieserabel bezahlten Jobs etwa in den Tabakfabriken und wohnen in Armenvierteln. „Das Leben in der Stadt ist gefährlich, Jugendbanden verbreiten Angst und es herrschen Gewalt, hohe Kriminalität und Armut“, erzählt die Pädagogin. Viele Kinder tragen schon sehr früh Verantwortung, sind oft alleine, müssen sich gegenseitig umeinander kümmern oder selber schon Geld verdienen. Wegen der schwierigen Arbeitslage ist ein Elternteil oft im Ausland tätig und der andere meist selten zu Hause und bis spätnachts unterwegs. So landen die jungen Menschen häufig auf der Straße, erleben dort Gewalt und kommen mit Kriminalität und Drogen in Berührung. Nur zehn Prozent der Kinder schließen die Grundschule ab. Ohne ordentlichen Abschluss ist die Chance auf eine Ausbildung allerdings gering. Eine ungestörte Kindheit zu leben, ohne Druck und Angst zu sein, in der Freizeit zu spielen und die Welt zu erkunden, das kennen die Kinder von Estelí kaum.
Ökologisches Bewusstsein
Auch Meybeling lebt mit ihrer Mutter und ihrer Tante in Estelí. Ihre Eltern sind geschieden und sie wuchs als Einzelkind auf. Meybeling war ein sehr schüchternes, zurückgezogenes Kind mit wenigen Freundinnen und Freunden. Ihre Mutter, eine Professorin, wollte, dass sie soziale Kontakte knüpft. So begab sie sich für ihre Tochter auf die Suche nach einer Möglichkeit, wo sie einerseits Freundschaften schließen und andererseits etwas Sinnvolles für die Umwelt beitragen konnte. Und sie stieß dabei auf FUNARTE. Insgesamt hat Meybeling während ihrer Laufbahn dort sieben verschiedene Wandgemälde mitgestaltet. Doch auch in anderen Projekten, wo Abfälle auf den Straßen gesammelt werden und recycelte Stoffe wie Plastikflaschen oder Schraubverschlüsse dazu dienen, Skulpturen zu schaffen, war sie aktiv dabei. Die Umweltverschmutzung ist ein großes Problem in Estelí, die Müllentsorgung ist mangelhaft und generell wird viel Abfall einfach achtlos auf die Straße geworfen. „Diese Projekte haben einen Wandel im Denken bewirkt – bei den Menschen in der Stadt und auch bei mir: Ich weiß, ich kann gegen die Umweltverschmutzung wirklich etwas tun“, sagt Meybeling.
Zukunftswünsche
Als Meybeling noch sehr klein war, wollte sie Nonne werden und einmal ins Kloster eintreten. Dieses Vorhaben hat sie immer noch im Kopf. Dazu hat sich allerdings seit ihrer Teilnahme bei den Workshops von FUNARTE ein weiterer Wunsch gesellt: als Künstlerin kreativ tätig zu werden. Vielleicht gelingt es ihr in Zukunft, Kunst und Kloster miteinander zu verbinden. «
Zur Sache
Sternsingeraktion
In der Gestalt der „Heiligen Drei Könige“ bringen die 85.000 Sternsinger/innen der Katholischen Jungschar Segen für das neue Jahr und bitten um Spenden für Menschen in Not. 500 Sternsingerprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika helfen, weltweit Armut und Unrecht zu mildern. Unterstützt werden Initiativen in 20 Ländern, eines davon ist Nicaragua, die von Partnerorganisationen vor Ort wie FUNARTE (siehe Reportage) oder CECIM nach dem Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“ durchgeführt werden. Die Organisation CECIM unterstützt Jugendliche in Ciudad Sandino, der Armutsfalle zu entkommen. Mit einer beruflichen Ausbildung als Schneider/in oder Mechaniker/in schaffen es diese, auf eigenen Beinen zu stehen und sich eine Existenz aufzubauen.
Sternsinger/innen performen dieses Mal zum Jahreswechsel ein Sternsingerlied der anderen Art: Die Heiligen Drei Könige rappen die Weihnachtsbotschaft der Geburt Christi und erzählen zum coolen Beat von „Listen to the Kings“, warum 85.000 Kinder jedes Jahr als Sternsinger/innen unterwegs sind.
- www.sternsingerrap.at
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