Mehr und mehr fragen sich Kirchenleute, wie sie mit den christlichen Kernbotschaften noch an Mann und Frau kommen. Zu gleicher Zeit tritt ein anderes Phänomen zutage: Bräuche werden wiederentdeckt, von einer Gegend in eine ganz andere „exportiert“, und viele von ihnen werden zu echten Publikumsmagneten.
Ausgabe: 2017/49
05.12.2017 - Matthäus Fellinger
Was sie eigentlich sagen über ihren Ursprung und ihren heutigen Sinn, das bleibt oft außer Acht. Gundi Bittermann hat in ihrem Buch „Brauchtum in Österreich“ (Servus-Verlag) eine Bilderreise zu Brauchtumsveranstaltungen gestaltet. Das Gute: Sie belässt das Brauchtum dort, wo es seinen Ursprung hat. In Osttirol gibt es von 4. bis 6. Dezember den Klaubauf-Lauf, verwandt den Krampus-Bräuchen. Ein wilder Brauch, der seinen Ursprung im Motiv der „Wilden Jagd“ haben dürfte. Im steirischen Mitterndorf lassen die „Schabmänner“ in ihren Gewändern aus Stroh die Peitschen knallen. Sie tun das beim Nikolospiel, bei dem über 80 Figuren in verschiedenen Rollen – vom Nachtwächter bis zum Pfarrer und Nikolo – eine Art bäuerliches Jedermann-Spiel zur Aufführung bringen. Im salzburgischen Großgmain wiederum begrüßen die Weihnachtsschützen das Christkind mit einem Salut beim – welch grausliches Wort – „Christkindlschießen“. Seit dem 16. Jahrhundert wird das Sternsingen in Heiligenblut am Großglockner gepflegt. Was im oberösterreichischen Salzkammergut der Glöcklerlauf ist, ist in Stuhlfelden in Salzburg der Tresterlauf. In der Raunacht auf den 6. Jänner findet er statt. Solche Bräuche mit schrägen Vögeln, grunzenden Teufeln und blökenden Schafen hatten auch Bedeutung. Etwa, das Böse zu vertreiben. Und zumindest das könnte man sich zu Herzen nehmen.