Vor 20 Jahren entstand die erste Allianz für den arbeitsfreien Sonntag
Ausgabe: 2017/48
28.11.2017 - Heinz Niederleitner
Heiligabend ist heuer ein Sonntag. In Deutschland startete deshalb eine Debatte über offene Geschäfte an diesem Tag. In Österreich hat man sich – außer in Tourismuszonen – für geschlossene Geschäfte entschieden. Doch die nächsten Debatten über Sonntagsöffnungen werden kommen.
„Der freie Sonntag ist ein gesellschaftlicher Wert, der immer angefochten sein wird“, sagte jüngst der Linzer Altbischof Maximilian Aichern bei einer Enquete im Sozialministerium. Aichern, in dessen Diözese 1997 die erste Allianz für den freien Sonntag entstand, wies dabei auf Bestrebungen zur Ausdehnung der Tourismuszonen in Wien hin. Diese brächten eine Ausweitung der Sonntagsöffnung.
Aktuell gibt es die deutsche Diskussion um den heurigen Heiligen Abend. Dass sie wenig auf Österreich übergegangen ist, hält Heinz Mittermayr für ein Verdienst auch der Allianz für den Freien Sonntag. Der Koordinator der Allianz in Oberösterreich, der auf Bundesebene mitarbeitet, sagt aber: „Es ist uns klar, dass es einen Zeitgeist gibt, für den der arbeitsfreie Sonntag kein Wert mehr ist. Umso wichtiger ist es – gerade für uns als Kirchen – darauf hinzuweisen, dass das Leben mehr ist als zu produzieren und zu konsumieren.“ Der Allianz, der von den Kirchen über Gewerkschaften, Naturfreunde und Cartell-Verband bis hin zum Blasmusikverband über 50 Organisationen angehören, geht es nicht um irgendeinen freien Tag pro Woche. Wichtig ist, am Sonntag gemeinsam für Familie und Gottesdienst, Kultur, Sport und Geselligkeit frei zu haben.
„Die Diskussion begann knapp nach Österreichs EU-Beitritt, als es aufgrund Regelungen in anderen EU-Staaten hieß, auch in Österreich werde der Sonntag nicht frei bleiben können“, erinnert sich Heinz Mittermayr. Mittlerweile ist die Frage auf die EU-Ebene zurückgekehrt, wo es heute eine Europäische Sonntagsallianz gibt. Es gibt auch positive Entwicklungen: In Polen zeichnet sich eine Abkehr von der Sonntagsöffnung in Einkaufszentren und Supermärkten ab.
Weit verbreitet
Laut Statistik Austria haben 2016 knapp 24 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer/innen innerhalb von vier Wochen zumindest einmal am Sonntag gearbeitet, bei rund 16 Prozent war Sonntagsarbeit regelmäßig der Fall. Aber zumindest sichert ihnen der im Grundsatz freie Sonntag einen Lohn- oder Gehaltszuschlag. Auch das gehört zum Einsatz der Sonntagsallianz, die sich ebenso mit Forderungen zur Arbeitszeitflexibilisierung kritisch auseinandersetzt. Freilich gab es in den letzten 20 Jahren nicht nur Erfolge: „Bei der Auseinandersetzung um den 8. Dezember (Mariä Empfängnis) waren wir zu schwach. Man hat sich diesen Tag zwar durch die Zuschläge teuer abkaufen lassen, aber ich sehe das als Tabubruch“, sagt Heinz Mittermayr.
Tourismuszonen
Ein heikler Punkt sind Tourismuszonen, die eine Sonntagsöffnung von Supermärkten ermöglichen. Diese gibt es in manchen Orten in Tirol. Die Auswirkungen sieht man heuer deutlich: Laut einem Bericht der Tiroler Tageszeitung wird es in manchen dieser Orten am 24. Dezember offene Geschäfte geben, obwohl der Tag ein Sonntag ist. Während eine Tiroler Supermarktkette bewusst auf die Öffnung verzichtet, wollen andere die Tourismusregelungen nutzen, heißt es. „Das überrascht mich nicht, denn diese Regelung gibt es schon lange. Ich bin grundsätzlich gegen jede Sonntagsöffnung, aber es hat keinen Sinn, gegen diese Regelung zu kämpfen“, sagt Bruno Holzhammer, der kirchliche Sprecher der Allianz für den Freien Sonntag Tirol. „Ich freue mich aber, dass man an manchen Orten, wo die Öffnung erlaubt wäre, bewusst darauf verzichtet.“
Oft hört man aus der österreichweiten Allianz, dass es Unterstützung von Teilen der Wirtschaft gebe. Denn insbesondere kleinere Unternehmen werden durch die Sonntagsöffnung großer Ketten unter Druck gesetzt. Letztlich hat es der Konsument in der Hand, ob er am Sonntag – oder an einem Feiertag wie dem 8. Dezember – einkaufen geht.