„Stets zu Diensten.“ Das ist aus der Mode gekommen. Als Wortwendung, aber auch von dem her, was sie bezeichnet: ein Verhältnis, in dem Menschen zueinander stehen. Die Zeiten scheinen vorbei, in denen die Gesellschaft geteilt war in die Herrschaften oben und ihr Dienstpersonal. Ein Leitartikel von Matthäus Fellinger.
Ausgabe: 2017/27
21.11.2017 - Matthäus Fellinger
Etwas anderes ist Mode geworden: Die Selbstbedienung. Im Supermarkt, an der Tankstelle, beim Fahrkartenschalter. Auch Geldangelegenheiten regelt man am Automaten, sein Essen holt sich jeder in der Selbstbedienung.
Man sieht sie nicht so leicht, die „Dienstboten“ der modernen Zeit. Sie putzen einem nicht die Schuhe, wie es in Dritte-Welt-Ländern geschieht. Von Angesicht zu Angesicht begegnete man ihnen selten. Den keuchenden Atem der Sänftenträger spürt auch keiner im Nacken. Man lässt sich doch nicht bedienen! Trotzdem sind sie da, die Dienstboten unserer Zeit. Wenn man das Büro betritt, sind die Papierkörbe schon leer. Sie buddeln Rohstoffe aus der Erde, nähen Hemden und Anzüge. Da freut man sich dann über Schnäppchen-Preise – und bezahlt an der Selbstbedienungskasse. Zeit spart das – und einen Arbeitsplatz.
Plötzlich findet man sich wieder in einer Welt, in der Menschen gelernt haben, sich selbst zu bedienen – aber nur ja keinen anderen. Doch wo jeder nur noch sich selbst bedient, bleiben viele sich selbst überlassen.