Der Nationalpark Kalkalpen strahlt über seine Grenzen hinaus aus. Er hat in der Region, zu der auch das Dekanat Weyer gehört, neue Aufmerksamkeit für die Natur gebracht. Der Nationalpark-Ranger Hermann Jansesberger erzählt von seinen Erfahrungen.
Ausgabe: 2017/46
14.11.2017 - Josef Wallner
In Linz ist ein wolkenverhangener, unfreundlicher Herbsttag. Anders in Trattenbach bei Hermann Jansesberger. Bei ihm kann man im Hemd auf der Terrasse sitzen und die Sonne genießen. Sein Haus liegt an einem Hang des Wendbachtals, die Blätter der Bäume leuchten gelb, braun und golden, kein Lärm von Autos, nur einige Kuhglocken durchdringen die Stille, und das Wasser, das am Tisch steht, kommt aus der Quelle bei seinem Haus. „Das macht es aus, dass man hier Kraft tanken kann. Wir müssen auf Empfang gehen, still werden und die Natur wirken lassen“, sagt Jansesberger: „Wir brauchen die Natur für unsere Seele. Warum das so ist, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass es so ist.“ Er wohnt in einem Stück Paradies am Rand des Nationalparks Kalkalpen. Von Kindheit an ist der 55-Jährige von Leidenschaft für die Natur erfüllt. Er versteht es als einzigartiges Geschenk, dass er seine Liebe zur Natur zum Beruf machen konnte und nun als Nationalpark-Ranger tätig ist. Flusskrebse im nahen Bach haben ihn im Schulalter ebenso in Bann gezogen wie die Spuren der Hirsche. Eines der schönsten Weihnachtsgeschenke, das er bekommen hat, war ein „Gucker“, ein Feldstecher zur Beobachtung der Tiere. „Samstagabends fortzugehen ,stand für mich im Jugendalter nicht an erster Stelle“, erzählt er. Über seine Berufsbezeichnung muss Jansesberger schmunzeln. Da Nationalparks weltweit als einheitliche Marke auftreten, heißen die Naturvermittler und Beaufsichtigungsorgane in allen Ländern „Ranger“. Aber der Begriff ist nicht entscheidend. „Ich habe hier eine zweite Chance bekommen“, sagt der gelernte Landmaschinenmechaniker. Nachdem er den kleinen Hof seiner Eltern übernommen hatte, ist er nach und nach an seine Grenzen gestoßen. Schließlich bearbeitet er nur mehr den Wald, das Grünland hat er verpachtet, und kann sich ganz den Besucher/innen des Nationalparks widmen. Vor wenigen Wochen verbrachte er mit einer Schulklasse drei Tage im WildnisCamp. Das Quartier ist komfortabel, aber rund eineinhalb Gehstunden von der öffentlichen Straße entfernt – und was fast unvorstellbar ist: Im Camp hat man keinen Handyempfang. Die Jugendlichen konnten das Mobiltelefon nur zum Fotografieren verwenden. „Es war überhaupt kein Problem“, meint er lächelnd und betont: „Wirklich nicht. Die Natur hält so viel an Spannendem, Interessantem und an Abwechslung bereit, dass ein Handy nicht fehlt.“ Vom Eierspeiskochen zum Frühstück über das Suchen von Spuren und das Beschäftigen mit einer Fotofalle für Luchse bis zum Knistern des Lagerfeuers am Abend sorgt ein anregendes Programm dafür, dass nie Langeweile aufkommt. „Die Begleitung von jungen Menschen ist die lohnendste Aufgabe im Nationalpark“, sagt Ranger Jansesberger. „In der Natur wird man demütig.“ Obwohl er das Wort Demut nicht mag, verwendet er es dennoch, weil es am besten ausdrückt, was man erlebt: Man spürt ein tiefes Gefühl des Einsseins und dass man als Mensch in den Kreislauf der Natur hineingenommem ist: „Für mich geht es gar nicht anders, als dass Natur und Glaube zusammengehören.“