Die Sehnsucht der Menschen nach Spiritualität und Religiosität scheint ungebrochen. Aber manchmal scheinen die Versprechungen der Esoterik attraktiver zu sein als das Christentum. Diese gilt es kritisch zu hinterfragen.
Ausgabe: 2016/43
25.10.2016 - Karl-Richard Essmann
Sie verspricht dem Menschen einen Weg „nach innen“ und sie gibt vor, ihm dabei auf der Suche nach Glück, nach Gesundheit, nach Anerkennung und nach Bewältigung seines Schicksals hilfreich zu sein. Dazu bietet sie ihm eine unübersehbare Fülle von Methoden und Aktivitäten auf einem alternativen Psychomarkt an. Für Glück und Gesundheit gibt es Angebote wie Aura-Lesungen, Wiedergeburts-Kurse, Bewusstseinserweiterungs-Seminare, Handauflegungs-Workshops, Edelsteinlegen und jede Art von Begegnungen mit Reiki-Meistern, Schamanen und Wellness-Gurus.
Unkritisch
Häufig wird dabei auch, oft sehr unkritisch, auf alte Weisheiten fernöstlicher Religionen zurückgegriffen. Dabei wird Gott völlig ausgeklammert und Hilfe wird ausschließlich auf therapeutische Methoden reduziert, die jeder lernen und anwenden kann. Versprochen wird dabei, dass man sich selbst zu einem vollkommenen, glücklichen und erfolgreichen Wesen hochtherapieren kann. Die esoterische Botschaft dazu lautet: Heil und Glück durch Therapien, Selbsterlösung durch eigene Leistung. Es gehe alles ohne Gott.
Bestenfalls kurzfristig
Überraschend dabei ist, dass es, oft auch nur kurzfristig, zu wirken scheint. Manche werden „glücklich“ dabei, viele gehen aber auch seelisch kaputt. Dieses Phänomen kann unter anderem am Beispiel des sogenannten „Positiven Denkens“ aufgezeigt werden. Es ist psychologisch eindeutig und klar, dass es immer besser ist, ein „Glas“ halbvoll als halbleer zu sehen. Positive Gedanken aktivieren Kräfte, die sonst nicht aktiv werden. Aber wenn kein „Glas“ da ist, hilft auch das positive Denken nicht. Allein durch positives Denken entsteht kein „Glas“. Das ist jener Moment, wo esoterische Weltanschauung den Menschen nicht nur überfordert, sondern betrügt. Da wird Suche nach Glück zur Sucht.
Es soll aber dabei auch darauf hingewiesen werden, dass es immer schon einen alten theologischen Begriff für „Positives Denken“ gibt, nämlich Hoffnung. Sie gehört zu einer der drei göttlichen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe. Bei dieser Art der Hoffnung ist aber immer Gott im Spiel.
Es ist die Grenzziehung zwischen Esoterik als Weltanschauung und Christentum für ein gelingendes Leben nicht immer leicht. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass esoterische Weltanschauung nicht christlich ist.
Die Theologie vermag die Unterschiede zu benennen und die „Wahrheit“ des christlichen Glaubens aufzuzeigen. Aber man weiß ja, wie Menschen mit der Wahrheit umgehen. So sagen sie häufig,
„Wer weiß,
ob es wahr ist?
Und wenn es wahr ist,
wer weiß, ob es wirklich wahr ist?
Und wenn es wirklich wahr ist,
wer weiß, ob ich‘s dann glaub‘?“
Esoterische Versprechungen christlich hinterfragt Teil 2 von 3