Über neue Zugänge zum „Buch der Bücher“ spricht die neue Direktorin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks im Interview. Sie verrät auch, was sie sich vom Einsatz der revidierten Einheitsübersetzung im Gottesdienst im kommenden Jahr erwartet.
Ausgabe: 2017/41
10.10.2017 - Heinz Niederleitner
Sie sind einen Monat im Amt und haben schon die Homepage www.bibelwerk.at neu aufgestellt. Was war hier Ihr Ziel? Elisabeth Birnbaum: Wir wollen damit unsere neue Philosophie zeigen: Das Bibelwerk soll Anlaufstelle für alle Fragen rund um die Bibel sein. Unter dem Stichwort „Bibel erkunden“ bieten wir Hinweise auf Veranstaltungen, Tipps zum Bibelstudium allein oder in Gruppen. In der Rubrik „Bibel erleben“ stehen Spiritualität, Gottesdienst und Gebet im Zentrum, aber auch die Bibel in Natur und Kunst: Kunstverständige Menschen haben oft wenig Bezug zur Bibel, aber sind sehr neugierig. Da will ich ansetzen. Ein letztes Stichwort lautet „Bibel erwerben“, also der Shop.
Wie möchten Sie Menschen zum Bibellesen animieren?Birnbaum: Vor allem möchte ich sie neugierig machen und dann nicht alleine lassen. Ich sehe oft, dass Menschen die Bibel aufschlagen und dann steckenbleiben. Es geht aber nicht nur ums Lesen: Manche möchten die Bibel mit allen Sinnen erfahren, zum Beispiel bei einer Reise zu biblischen Stätten. Andere hören sich den „Messias“ von Händel an und haben biblische Fragen. Es gibt übrigens auch gläubige Menschen, die kaum Bibel lesen.
Wer am Sonntag in die Kirche geht, hört jedenfalls die Lesungen und das Evangelium, die sich aber alle drei Jahre wiederholen. Möchten Sie ihnen zeigen, dass noch viel mehr in der Bibel steht?Birnbaum: Ja, denn es sind nicht alle Bücher der Bibel im Gottesdienst vertreten. Oder aus einem Buch werden Stellen gelesen, die nicht repräsentativ sind. Aber auch wenn sich die Leseordnung nicht ändert, werden wir ab Advent 2018 alte Hörgewohnheiten durchbrechen, denn dann kommen die neuen Lektionare mit der revidierten Einheitsübersetzung für die Gottesdienste.
Ein Pfarrer fragte mich: Ist das Austauschen der Bücher für den Gottesdienst nicht ein unnötiger finanzieller Aufwand?Birnbaum: Der Wechsel zahlt sich aus. In der revidierten Übersetzung ist mehr vom Ursprungsgeist der originalen Sprachen drin, der Text ist weniger germanistisch geglättet. Das bringt vielleicht Stolpersteine mit sich, aber diese können Impulse zum Weiterdenken sein.
Was halten Sie von der Bibel als Online-Produkt oder Hörbuch?Birnbaum: Auch wenn ich selbst die digitale Version nicht zum Lesen verwende, sehe ich doch den Vorteil der Suchfunktion im Text. Ich kann nur empfehlen, nach Begriffen, die einem wichtig sind, in der Bibel zu suchen. Da entdeckt man oft Erstaunliches. Die revidierte Einheitsübersetzung wird in rund zwei Wochen online sein. Beim Hörbuch prägt man sich den Text, zum Beispiel bei Autofahrten, gut ein. Die Texte waren ja ursprünglich für den Vortrag gedacht, weil zur Zeit der Entstehung die meisten Menschen nicht lesen konnten.
Das Bibelwerk ist auch für die Schulbibeln in Österreich verantwortlich. Gibt es da Änderungen?Birnbaum: In diesem Schuljahr wurde erstmals die revidierte Übersetzung mit neuem Buchdeckel ausgegeben. Der Anhang ist leider noch der alte. Hier habe ich ein Konzept vorgelegt, das die Schüler/innen besser ansprechen soll. Auch eine bessere Grafik bräuchte es. Wir hoffen, das bis zum Schuljahr 2019/20 verwirklichen zu können. Vor allem möchte ich daran festhalten, den jungen Menschen für ihr Leben eine ungekürzte Bibel zu geben.
Apropos junge Menschen: Es gibt zahlreiche Kinderbibeln am Markt. Worauf sollte man bei der Auswahl achten?Birnbaum: Dafür möchten wir einen Leitfaden erstellen. Es sollten beide Testamente repräsentiert sein. Außerdem wäre gut, wenn Psalmen und Briefe aufgenommen sind, damit man sieht, dass die Bibel nicht nur aus Erzähltexten besteht. Eltern sollten sich auch die Pädagogik ansehen, die hinter den Kinderbibeln steht. Natürlich darf eine Kinderbibel kein „Schocker“ sein, aber auf kindgerechte Weise sollten auch schwierige Themen wie die Kreuzigung nicht fehlen. Konflikte und Streit kennen die Kinder aus ihrem Leben. Man kann sie und ihre Erfahrungen ernst nehmen und sollte ihnen keine reduzierte „Plüschreligion“ in der Kinderbibel bieten. «